Zivilprozessordnung - Parteiänderung im Zivilprozess

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Zivilprozessordnung

Parteiänderung im Zivilprozess

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IV. Parteiänderung

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Während eines Prozesses können sowohl auf Beklagten– als auch auf Klägerseite personelle Veränderungen eintreten. Formen der Parteiänderung sind zum einen die Auswechslung einer Partei (Parteiwechsel) und zum anderen der Beitritt eines Dritten (= Streitgenossen) auf Kläger- oder Beklagtenseite (Parteibeitritt). Eine Parteiänderung kann kraft Gesetzes eintreten, aber auch auf einer Parteivereinbarung (sog. gewillkürte Parteiänderung) beruhen.

 

1. Gesetzliche Parteiänderung

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Der gesetzliche Parteiwechsel („Austausch der Partei“) ist vor allem in folgenden Fällen vorgesehen: Tod einer Partei (§ 239 ZPO), Veräußerung der streitbefangenen Sache (§ 265 Abs. 2 S. 2 ZPO) oder Veräußerung eines Grundstücks (§ 266 ZPO). Der Prozess wird durch den Tod einer Partei nicht automatisch gestoppt. War die (verstorbene) Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten, hat der gesetzliche Parteiwechsel keine Unterbrechung des Verfahrens zur Folge. Auf Antrag kann das Gericht aber das Verfahren aussetzen (§§ 246, 248 ZPO), bis sich der Erbe in den Prozess eingelesen hat. Bei Veräußerung der streitbefangenen Sache kann der Veräußerer den begonnenen Prozess (als gesetzlicher Prozessstandschafter) weiter führen; er muss allerdings den Klageantrag auf Leistung an den Erwerber umstellen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass der Erwerber selbst den Prozess fortführt. Da der Beklagte den Erwerber in der Regel nicht kennt, geht das nur, wenn der Beklagte (und der Veräußerer) in den Parteiwechsel einwilligen. In allen Fällen des gesetzlichen Parteiwechsels muss die neue Partei den Rechtsstreit in der vorgefundenen Lage übernehmen. Bisherige Prozesshandlungen bleiben wirksam.

Schilken Zivilprozessrecht Rn. 758. Ein gesetzlicher Parteibetritt („Hinzukommen eines Streitgenossen“) ist in § 856 ZPO vorgesehen.

2. Gewillkürte Parteiänderung

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Beispiel

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Mona möchte mit dem Bus nach Klettenberg fahren. Beim Einsteigen kommt sie zu Fall und wird vom Bus ein Stück mitgeschleift. Mona erleidet einen komplizierten Armbruch. Sie verklagt das Land Nordrhein-Westfalen auf Schadensersatz. In der Berufung stellt sie ihren Antrag um und verklagt nunmehr die Städtischen Verkehrsbetriebe Köln mbH auf Schadensersatz. Ist das zulässig?

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Eine Parteiänderung auf Initiative einer Partei (= gewillkürte Parteiänderung) ist gesetzlich nicht geregelt. Aus praktischen Gründen („Prozessökonomie“) wird sie in engen Grenzen zugelassen.

Vgl. Adolphsen Zivilprozessrecht § 7 Rn. 80. Unterschieden wird zwischen einem gewillkürten Parteiwechsel („Austausch einer Partei“) und einem gewillkürten Parteibeitritt („Hinzukommen einer Partei“). Wie der gewillkürte Parteiwechsel zu behandeln ist, ist umstritten. Hier sind stets drei unterschiedliche Interessen betroffen. Fraglich ist insbesondere, ob es der neuen Partei zumutbar ist, die bisherigen Ergebnisse des Prozesses übernehmen zu müssen. Der BGH wendet grundsätzlich die Regeln der Klageänderung (§ 263 ZPO) an, so dass die Einwilligung aller Beteiligter vorliegen oder das Gericht den Parteiwechsel für sachdienlich halten muss.BGH NJW 2016, 53, 54; NJW 2000, 1950, 1951. Bei einem Beklagtenwechsel muss folglich die Einwilligung des alten Beklagten und des neuen Beklagten vorliegen. Das Gericht kann die Einwilligung des neuen Beklagten mit „Sachdienlichkeit ersetzen.“ Der alte Beklagte muss stets seine Zustimmung erklären, weil der Kläger seine Klage nicht ohne dessen Hilfe zurückziehen kann (vgl. § 269 ZPO).Zeiss/Schreiber Zivilprozessrecht Rn. 371. Einen Beklagtenwechsel in der Berufungsinstanz lässt der BGH nur bei Einwilligung des neuen Beklagten zu, es sei denn, die Verweigerung wäre rechtsmissbräuchlich.BGH NJW 1998, 1496, 1497 m.w.N.; ebenso BAG NJW 2010, 2909. Im obigen Beispiel muss also die neue Beklagte ausdrücklich in den Parteiwechsel einwilligen (wird sie nicht tun). Nach Auffassung der Literatur handelt es sich bei der Parteiänderung um ein Institut eigener Art. Die Literatur wendet vorwiegend die Vorschriften der Klagerücknahme (§ 269 ZPO) an. Ein wichtiger Unterschied ist, dass sie beim Beklagtenwechsel in erster Instanz zwar die Einwilligung des alten, nicht aber des neuen Beklagten verlangt.Ausführliche Gegenüberstellung bei Pohlmann Zivilprozessrecht Rn. 503 ff.

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Abzugrenzen ist der Beklagtenwechsel von einer unrichtigen Parteibezeichnung, die vom Gericht nach § 319 ZPO ohne weiteres berichtigt werden kann (z.B. „Kölner Verkehrsbetriebe AG“ statt „Kölner Verkehrsbetriebe mbH“ oder „GbR“ statt „Gesellschafter 1 und Gesellschafter 2 als Gesamthänder“).

BGH NJW 2009, 594, 597; NJW 2003, 1043; Zöller/Feskorn ZPO § 319 Rn. 14. Im Wohnungseigentumsrecht ist die Falschbezeichnung nicht mehr durch einen Parteiwechsel bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung korrigierbar. Seit Inkrafttreten der WEG-Reform am 1.12.2020 sind Klagen gegen Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft  nach § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten und nicht mehr gegen die übrigen Wohnungseigentümer. Seit der Neuregelung ist eine gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtete Klage unzulässig. Eine solche Klage kann auch die Anfechtungsfrist nicht wahren. BGH, Urteil v. 13.1.2023, V ZR 43/22

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Expertentipp

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Ist Ihnen der Grundsatz der Bedingungsfeindlichkeit von Prozesshandlungen noch bekannt? Wenn nein, wiederholen Sie schnell diese Thematik (Rn. 172).

Kompliziert ist die gewillkürte Parteierweiterung, in der ein weiterer Kläger oder Beklagter (Streitgenosse) in den Prozess eintritt. Ein bedingter Parteibeitritt (z.B. „Eintritt unter der Bedingung, dass die Klagepartei nicht zur Rechtsverfolgung befugt sei“), auch zu einem selbstständigen Beweisverfahren, ist jedenfalls nicht erlaubt.

BGH NJW 2010, 621, 622. Auch für den gewillkürten Parteibetritt vertreten Rechtsprechung und Literatur verschiedene Lösungsansätze. Die Rechtsprechung wendet die Regeln der Klageänderung (§ 263 ZPO) an. Kommt ein neuer Beklagter hinzu, ist die Einwilligung des Klägers, des alten Beklagten sowie des neuen Beklagten (außer Sachdienlichkeit in erster Instanz) erforderlich.BGH NJW 2000, 1950, 1951 m.w.N. Die Literatur zieht die Vorschriften der §§ 59, 60 ZPO über die Streitgenossenschaft heran.

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