Strafrecht Besonderer Teil 2

Hehlerei, § 259

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C. Hehlerei, § 259

I. Überblick

781

Da vielfach die Verwertung von gestohlenen oder sonst rechtswidrig erlangten Sachen nur über einen Hehler möglich ist, bietet der Täter, der bereit ist, eine der in § 259 genannten Tathandlungen zu begehen, einen erheblichen Anreiz zur Begehung der Vortat. Strafgrund der Hehlerei ist, dass der Anschlusstäter den vom Vortäter geschaffenen Zustand aufrechterhält und vertieft, so dass i.d.R. die Chancen des Opfers, die Sache wiederzuerlangen, erheblich reduziert sind (sog. Perpetuierungstheorie

BGHSt 42, 196; Wessels/Hillenkamp Strafrecht BT/2 Rn. 824.).

782

§ 259 Abs. 1 beschreibt das Grunddelikt der „einfachen“ Hehlerei. Darauf aufbauend enthalten §§ 260 (gewerbsmäßige Hehlerei und Bandenhehlerei) und 260a (gewerbsmäßige Bandenhehlerei) Qualifikationen.

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783

Expertentipp

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Sofern Sie beim Lesen der Normen festgestellt haben, dass Ihre Erinnerung lückenhaft ist, sollten Sie an dieser Stelle die Ausführungen zu §§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 und 244 Abs. 1 Nr. 2 bzw. 244a wiederholen.

Beim Lesen dieser Normen werden Sie feststellen, dass die darin geregelten Voraussetzungen Ihnen von § 243 (gewerbsmäßig) und § 244 Abs. 1 Nr. 2 (Bandendiebstahl) bekannt vorkommen. Die dort erlernten Grundsätze und Definitionen sind auf §§ 260, 260a anwendbar.

784

Gem. § 259 Abs. 2 gelten §§ 247 und 248a entsprechend. Sofern sich die Hehlerei also auf einen geringwertigen Gegenstand bezieht, bedarf es eines Strafantrages oder des öffentlichen Interesses. Bei Haus- und Familienhehlerei bedarf es ausschließlich eines Strafantrages.

785

Der Aufbau der Hehlerei gem. § 259 sieht wie folgt aus:

Prüfungsschema

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Wie prüft man: Hehlerei, § 259

I.

Objektiver Tatbestand

 

 

1.

Tatobjekt

 

 

 

a)

Sache

 

 

 

b)

die ein anderer

 

 

 

 

 

Teilnehmer an der Vortat

Rn. 789

 

 

c)

durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat erlangt hat.

 

 

 

 

 

Unmittelbarkeit

Rn. 792

 

 

 

 

Zeitpunkt der Erlangung

Rn. 795

 

2.

Tathandlung

 

 

 

a)

Sichverschaffen

 

 

 

 

 

mittelbarer Besitz

Rn. 800

 

 

b)

Ankaufen

 

 

 

c)

Absetzen

 

 

 

 

 

Rückveräußerung an den Eigentümer

Rn. 806

 

 

d)

Absatzhilfe

 

 

 

 

 

Absatzerfolg erforderlich?

Rn. 810

II.

Subjektiver Tatbestand

 

 

1.

Vorsatz

 

 

2.

Bereicherungsabsicht

 

III.

Rechtswidrigkeit

 

IV.

Schuld

 

V.

Strafantrag gem. § 259 Abs. 2 i.V.m. §§ 247, 248a

 

II. Objektiver Tatbestand

786

Der objektive Tatbestand besteht darin, dass der Täter eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft. Die Prüfung des objektiven Tatbestands erfolgt mithin in 4 Schritten:

Schritt 1

Schritt 2

Schritt 3

Schritt 4

Sache

die ein anderer

aus rechtswidriger Tat erlangt hat

ankaufen, sich verschaffen, absetzen, absetzen helfen

1. Tatobjekt

a) Sache

787

Tatobjekte sind, wie bei § 242 auch, nur Sachen, also körperliche Gegenstände gem. § 90 BGB. Im Gegensatz zu § 242 können diese Sachen jedoch sowohl beweglich als auch unbeweglich sein. Darüber hinaus sind die Eigentumsverhältnisse irrelevant. Tatobjekt des § 259 können somit fremde, eigene oder herrenlose Sachen sein.

Beispiel

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A, der seit Monaten mit seiner Miete im Rückstand ist und aus Angst vor dem Vermieter bei seiner Freundin Unterschlupf gefunden hat, bittet diese, ihm aus seiner Wohnung die teure Bang & Olufsen Stereoanlage zu holen und ihm zu übergeben, damit er sie verkaufen kann.

Geht die Freundin F wie erbeten vor, so macht sie sich nach § 289 wegen Pfandkehr zu Gunsten ihres Freundes strafbar. Die Stereoanlage stellt somit eine Sache dar, die aus der rechtswidrigen Vortat eines anderen, nämlich der Freundin, stammt. Diese Sache hat A sich, wie wir später sehen werden, verschafft i.S.d. § 259.

b) die ein anderer

788

Nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut muss die Sache von einem anderen erlangt worden sein. Damit scheidet der Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter der Vortat, z.B. des Diebstahls als Täter des § 259 aus.

Jäger Strafrecht BT Rn. 399.

789

Umstritten und damit klausurrelevant ist jedoch, ob auch derjenige, der lediglich Teilnehmer der Vortat war, Täter des § 259 sein kann.

Da der Teilnehmer an einer fremden Tat mitwirkt, spricht jedenfalls der Gesetzeswortlaut nicht gegen die Strafbarkeit des Teilnehmers nach § 259. Dementsprechend geht die überwiegende Auffassung auch davon aus, dass Teilnehmer der Vortat Täter der Hehlerei sein können. Dies soll selbst dann gelten, wenn die Teilnahme an der Vortat von vornherein darauf gerichtet war, sich die Beute oder bestimmte Teile daraus zur Verwendung zu verschaffen. Dafür spricht auch, dass es eine mit § 257 Abs. 3 vergleichbare Regel in § 259 nicht gibt.

Grundsatzentscheidung BGHSt 7, 134; Wessels/Hillenkamp Strafrecht BT/2 Rn. 884.

Eine Gegenauffassung verneint die Strafbarkeit der Teilnehmer, da die Perpetuierung, also die Weiterentfernung der Sache vom Eigentümer, nur von Tätern vorgenommen werden könne, die an der Vortat gänzlich unbeteiligt waren.

Seelmann JuS 1988, 39.

c) durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt

790

Schließlich muss die Sache von einem anderen durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete, rechtswidrige Vortat erlangt worden sein.

791

Nach überwiegender Auffassung muss es sich bei der Vortat nicht um ein Vermögensdelikt handeln. Ausreichend ist, dass die Vortat fremde Vermögensinteressen verletzt hat, was auch bei einer Nötigung oder Urkundenfälschung der Fall sein kann. Begründet wird dies mit dem Schutzzweck der Norm sowie dem Wortlaut, der kein Vermögensdelikt verlangt, sondern nur eine gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat.

Jäger Strafrecht BT Rn. 401; Schönke/Schröder-Stree § 259 Rn. 7; andere Auffassung Otto Jura 1985, 150, wonach nur solche Delikte als Vortat in Betracht kommen sollen, die dem Schutz von Vermögensinteressen dienen.

792

Weitere, in der Klausur oft übersehene Voraussetzung ist, dass eine Hehlerei nur an solchen Sachen möglich ist, welche unmittelbar durch die Vortat erlangt sind und hinsichtlich derer eine rechtswidrige Vermögenslage im Augenblick der Hehlereihandlung noch fortbesteht.

793

Die gehehlte Sache muss also mit der durch die Vortat erlangten Sache körperlich identisch sein.

Wessels/Hillenkamp Strafrecht BT/2 Rn. 837. Man spricht insofern auch von einem Unmittelbarkeitszusammenhang, aus welchem folgt, dass die sog. „Ersatzhehlerei“ straflos ist.

Beispiel

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A entwendet seinem Arbeitskollegen B 50 € aus dem Portemonnaie. Mit diesen 50 € kauft er seiner Freundin einen wunderschönen Blumenstrauß, den er ihr zum Geburtstag überreicht, wobei er nicht verschweigt, wie er zu dem Blumenstrauß gekommen ist.

Hier hat sich A wegen Diebstahls gem. § 242 strafbar gemacht. Beim Kauf des Blumenstraußes hat er sich gegenüber der Verkäuferin jedoch nicht wegen Betruges gem. § 263 strafbar gemacht, da die Verkäuferin gutgläubig Eigentum an dem Geld erworben hat. Beachten Sie insofern § 935 Abs. 2 BGB!

Der Blumenstrauß stammt somit zum einen nicht unmittelbar aus dem Diebstahl, da es sich um eine völlig andere Sache handelt. Er stammt aber auch nicht unmittelbar aus einer weiteren Straftat, nämlich einem Betrug. Die Annahme des Blumenstraußes stellt damit für die Freundin eine straflose Ersatzhehlerei dar.

Expertentipp

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Sofern die Sache, die aus der ersten Vortat erlangt ist, nicht identisch ist mit der Sache, die der mögliche Hehler entgegennimmt, sollten Sie nicht vorschnell eine Ersatzhehlerei annehmen. Denkbar ist, dass die Sache, die der Hehler entgegennimmt, aus einer weiteren, zweiten Straftat (in Betracht kommt insbesondere ein Betrug) stammt. In diesen Fällen liegt keine straflose Ersatzhehlerei vor.

794

Der Unmittelbarkeitszusammenhang kann unterbrochen sein, wenn Surrogate an die Stelle einer gestohlenen Sache getreten sind, an welchen sich die Rechtswidrigkeit der Vermögenslage nicht fortsetzt. Dies ist insbesondere durch Verarbeitung oder Vermischung gem. §§ 950, 948 BGB sowie durch gutgläubigen Eigentumserwerb gem. § 932 BGB möglich.

Beispiel

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Eierdieb E stiehlt auf der Hühnerfarm zehn Eier. Diese übergibt er seiner gutgläubigen Mutter, die daraus ein köstliches Omelette bereitet. Dieses Omelette serviert sie dem F, einem Freund des E, der in das Vorgeschehen eingeweiht ist.

Hier hat E zwar einen Diebstahl gem. § 242 begangen. Diese Eier hat F sich jedoch nicht verschafft. Verschafft hat er sich ein Omelette, welches jedoch ein Surrogat ist, an welchem die Mutter aufgrund von § 950 BGB Eigentum erlangt hat. Das Omelette ist somit keine Sache, die aus einer rechtswidrigen Tat stammt.

Freund F leiht sich nun von E dessen Fahrrad, um spät abends damit nach Hause zu fahren. Auf dem Heimweg begegnet er dem naiven N, dem er aufgrund eines spontanen Entschlusses das Fahrrad für 40 € verkauft. N wiederum verschenkt dieses Fahrrad abends an seine Freundin X, die das Fahrrad als jenes des E wiedererkennt.

F hat sich durch Verkauf des Fahrrades an N zunächst wegen Unterschlagung gem. § 246 strafbar gemacht. Insofern könnte das Fahrrad aus der rechtswidrigen Vortat des F stammen. Dieses Fahrrad wurde jedoch von N gutgläubig gem. § 932 BGB erworben. Da F das Fahrrad nicht geklaut hatte, ist § 935 Abs. 1 BGB nicht anwendbar. Damit stand zum Zeitpunkt des Verschenkens das Fahrrad im Eigentum des N. Die rechtswidrige Vermögenslage war durch den gutgläubigen Erwerb aufgehoben worden. Auch hier sollten Sie aber wieder an § 261 denken.

Expertentipp

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Für die Klausur können Sie sich folgende Kontrollfrage merken: Solange der Eigentümer die Sache noch gem. §§ 812, 985 BGB vom Hehler herausverlangen kann, ist Hehlerei möglich. Besteht ein solcher Anspruch nicht mehr, besteht die rechtswidrige Vermögenslage nicht mehr fort, so dass sich derjenige, der sich die Sache verschafft, nicht gem. § 259 strafbar gemacht haben kann.

795

Umstritten ist das zeitliche Verhältnis von Vortat und Hehlereihandlung. Relevant wird dieser Streit in der Klausur insbesondere, wenn die Vortat eine Unterschlagung gem. § 246 darstellt.

Beispiel

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Nehmen Sie an, der naive N war im obigen Beispielsfall ausnahmsweise nicht gutgläubig, sondern wusste, dass F das Fahrrad des E verkauft und dazu nicht berechtigt ist.

In diesem Fall wäre F noch immer gem. § 246 strafbar, indem er das Fahrrad an N verkaufte. Fraglich ist, ob N sich gem. § 259 strafbar gemacht hat, indem er dieses Fahrrad ankaufte. Dann müsste F das Fahrrad durch eine rechtswidrige Tat erlangt haben.

796

 

Teilweise wird in der Literatur vertreten, dass ein zeitliches Zusammenfallen von Vortat und Hehlereihandlung möglich ist. Begründet wird dies vor allem damit, dass man Zufallsergebnisse im Bereich der Unterschlagung vermeiden möchte.

Schönke/Schröder-Stree § 259 Rn. 15. Die überwiegende Auffassung verlangt jedoch unter anderem unter Hinweis auf den Wortlaut („erlangt hat“), dass die Vortathandlung der Hehlereihandlung vorangehen muss und eine Hehlerei erst dann in Betracht kommt, wenn die Vortat jedenfalls vollendet ist. Nur dieses Verständnis entspreche der Hehlerei als sog. Anschlusstat.Wessels/Hillenkamp Strafrecht BT/2 Rn. 834; BGH NStZ 1999, 351; BGH Beschlüsse vom 9.11.2011, AZ 2 StR 386/11 und 24.10.2012 AZ 5 StR 392/12 – abrufbar unter www.bundesgerichtshof.de.

Beispiel

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Im obigen Fall würde dies bedeuten, dass N sich nach h.A. nicht gem. § 259 strafbar gemacht haben kann. In Betracht käme jedoch eine Beihilfe zur Unterschlagung gem. §§ 246, 27. Nach der Gegenauffassung liegt sowohl eine Hehlerei als auch eine Beihilfe zur Unterschlagung vor, sofern der Beihelfende als tauglicher Täter des § 259 angesehen werden kann.

2. Tathandlung

797

Die in § 259 Abs. 1 genannten Tathandlungen bestehen in dem Ankaufen, dem Sichverschaffen, dem Absetzen und der Absatzhilfe. Alle Tathandlungen setzen ein einverständliches Zusammenwirken zwischen dem Vortäter und dem Hehler voraus.

Wessels/Hillenkamp Strafrecht BT/2 Rn. 845. Daraus folgt, dass eine Hehlerei immer ausscheidet, wenn der Anschlusstäter dem Vortäter die Sache gegen dessen Willen wegnimmt (in diesen Fällen liegt ein strafbarer Diebstahl gem. § 242 vor). Ebenso scheidet § 259 aus, wenn dem Vortäter durch Täuschung, Drohung oder Nötigung die Verfügungsgewalt an der Sache entzogen wird (in diesen Fällen kommt ein Raub, eine räuberische Erpressung, eine Nötigung oder ein Betrug in Betracht).Fischer § 259 Rn. 16. Diese Einschränkung kann mit dem Strafzweck des § 259 begründet werden, da in den vorgenannten Fällen der Anschlusstäter dem Vortäter keinen Anreiz zur Begehung der Vortat bietet.

a) Ankaufen oder sonst einem Dritten oder sich verschaffen

798

Das Ankaufen bildet einen gesetzlichen Unterfall des Sichverschaffens.

Definition

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Definition: Sichverschaffen

Sichverschaffen ist das Erlangen tatsächlicher, selbstständiger Verfügungsmacht im Einvernehmen mit dem bisherigen Sachherrn, meist dem Vortäter (sog. derivativer Erwerb).

Jäger Strafrecht BT Rn. 403.

Einem Dritten wird die Sache verschafft, wenn die wirtschaftliche Verfügungsgewalt durch das Handeln des Täters unmittelbar vom Vorbesitzer an einen Dritten weiter geleitet wird oder der Täter die Sache, ohne selbst Besitz zu erlangen, in seinem Interesse unmittelbar einem Dritten zukommen lässt.

BGH Urteil vom 8.3.2012, AZ 4 StR 629/11 – abrufbar unter www.bundesgerichtshof.de.

799

Ein Sichverschaffen liegt mithin nicht vor, wenn dem Täter die Sache nur zur Verwahrung übergeben wird, da er in diesem Fall nicht unabhängig vom Vortäter über die Sache verfügen kann.

Joecks § 259 Rn. 20. Ebenso wenig reicht die Gewahrsamserlangung zum Zwecke des Umarbeitens oder der Vernichtung aus. Auch der Verkaufskommissionär, der die Sache im Interesse und Rechnung des Vorbesitzers veräußern soll, erlangt keine Verfügungsgewalt zu eigenen Zwecken. In Betracht kommt jedoch ein Absetzen.Wessels/Hillenkamp Strafrecht BT/2 Rn. 851.

800

Streitig ist, ob der Täter sich die Sache auch schon dann verschafft hat, wenn er nur den mittelbaren Besitz oder Besitzsurrogate erlangt hat.

Beispiel

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F hat das gestohlene Fahrrad im Pfandhaus verpfändet. Den Pfandschein schenkt er nun dem N, der wenig später unter Vorlage dieses Scheins das Fahrrad abholen soll. Dazu kommt es jedoch nicht mehr, weil N zuvor festgenommen wird.

801

Einige Literaturvertreter lehnen in diesen Fällen ein vollendetes Verschaffen ab, da der Täter noch nicht die tatsächliche Verfügungsgewalt innehatte.

Schall JuS 1977, 180. Demgegenüber bejaht die überwiegende Auffassung die vollendete Hehlerei, da die Übergabe des Pfandscheins den Täter zur jederzeitigen Abholung der Sache ermächtigt hat.BGHSt 27, 160; Schönke/Schröder-Stree § 259 Rn. 21.

802

Da das Ankaufen, wie bereits erwähnt, ein Unterfall des Sichverschaffens ist, ist auch beim Ankaufen erforderlich, dass der Käufer die Verfügungsgewalt zu eigenen Zwecken erlangt. Der Abschluss des Kaufvertrages reicht somit alleine nicht für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 259 aus.

Wessels/Hillenkamp Strafrecht BT/2 Rn. 860.

803

Sofern der Täter die Sache nicht sich, sondern einem Dritten verschafft, ist es erforderlich, dass er die Sache unmittelbar einem Dritten zukommen lässt, ohne zuvor selbst Besitz erlangt zu haben.

b) Absetzen

804

Definition

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Definition: Absetzen

Absetzen ist die selbstständige, entgeltliche wirtschaftliche Verwertung der Sache im Einverständnis und im Interesse des Vortäters.

BGH NJW 1976, 1950.

805

Im Unterschied zum Sichverschaffen handelt der Absetzende nicht zu eigenen Zwecken, sondern im Interesse des Vortäters. Überwiegend wird dabei vorausgesetzt, dass die Verwertung der Sache entgeltlich erfolgt, so z.B. durch Verkauf, Verpfändung oder Tausch.

Fischer § 259 Rn. 18 m.w.N.; andere Auffassung Schönke/Schröder-Stree § 259 Rn. 32, wonach auch ein unentgeltliches Verschenken genügen soll.

806

Früher war zwischen Rechtsprechung und Literatur streitig, inwieweit ein Absatzerfolg erforderlich ist. Nach Auffassung der Rechtsprechung sollte es bereits ausreichen, dass der Täter eine von einem Absatzwillen getragene, vorbereitende Tätigkeit unternimmt, sofern diese zur Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Vermögenslage geeignet ist.

BGH NJW 1989, 1490; BGH NStZ 1983, 455.

Beispiel

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Hehler H steht in Kaufvertragsverhandlungen mit K bezüglich eines gestohlenen Bildes. Zum Abschluss des Vertrages und zur Übergabe des Bildes kommt es nicht mehr.

Diese Auffassung hat der BGH

BGH Beschluss vom 14.5.2013, AZ 3 StR 69/11 – abrufbar unter www.bundesgerichtshof.de oder aber NStZ 2013, 584. mittlerweile aufgegeben und sich damit der Auffassung der Literatur angeschlossen, wonach ein Absatzerfolg, also eine Übertragung der Verfügungsgewalt an einen Dritten erforderlich ist.Schönke/Schröder-Stree § 259 Rn. 32 m.w.N. Der frühere Streit muss von daher von Ihnen in der Klausur nicht mehr dargestellt werden.

Ein Problempunkt, der Ihnen in der Klausur begegnen kann, ist jedoch die Rückveräußerung an den Eigentümer.

Beispiel

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A hat dem B ein besonders wertvolles Meißener Porzellan entwendet. Dies übergibt er dem Hehler H mit der Aufforderung, dieses Porzellan für ihn zu verkaufen. Hehler H, der weiß, dass B untröstlich ob des Verlustes des Porzellans ist, bietet diesem das Porzellan zum Kauf an, wobei er vorgibt, dass es sich um sein eigenes Porzellan handelt. Hier hat H sich zunächst gem. § 263 I strafbar gemacht, indem er B sein eigenes Porzellan zum Kauf anbietet und dabei vortäuscht, selber Eigentümer zu sein. Fraglich ist aber, ob sich H auch gem. § 259 I strafbar gemacht haben kann.

807

Eine ältere in der Rechtsprechung vertretene Auffassung hat in einem ähnlichen Fall die Hehlerei bejaht, da der Hehler zu Gunsten des Vortäters dessen angemaßte Verfügungsgewalt realisiere.

Nachweise bei Fischer § 259 Rn. 18. Überwiegend wird jedoch vertreten, dass die Rückveräußerung an den Eigentümer nicht gem. § 259 strafbar ist. Begründet wird dies wiederum mit dem Strafzweck der Norm, wonach die besondere Verwerflichkeit in der Aufrechterhaltung und Vertiefung der rechtswidrigen Vermögenslage liege. Bei einer Rückveräußerung an den Eigentümer ende jedoch die rechtswidrige Besitzlage, so dass Hehlerei nicht angenommen werden könne, wenn der Eigentümer beim Rückerwerb das Eigentum nicht wiedererkenne.Joecks § 259 Rn. 24.

c) Absatzhilfe

808

Definition

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Definition: Hilfe

Hilfe ist jede unselbstständige Unterstützung des Vortäters beim Absatz.

BGH NJW 1979, 2621.

809

Mit der Absatzhilfe soll eine Strafbarkeitslücke geschlossen werden, die sich daraus ergibt, dass der Täter der Vortat niemals Täter der Hehlerei sein kann, es jedoch denkbar ist, dass er sich beim Absetzen der von ihm selbst gestohlenen Sache der Hilfe Dritter bedient.

Hinweis

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Daraus ergibt sich zwingend, dass die Absatzhilfe als täterschaftliche Handlung nicht in Betracht kommt, wenn eine Beihilfe zur Hehlerei möglich ist. Diese ist immer dann möglich, wenn es einen Täter gibt, der sich nach § 259 strafbar gemacht hat.

Beispiel

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Dieb D möchte im obigen Beispiel das von ihm entwendete Bild selbst an den Käufer bringen. Dabei hilft ihm seine Freundin F, die über gute Kontakte in die Unterwelt verfügt, indem sie ein Treffen mit einem potenziellen Käufer arrangiert.

In diesem Fall ist eine Beihilfe zur Hehlerei nicht möglich, da D kein tauglicher Täter i.S.d. § 259 ist. F ist jedoch Täterin i.S.d. § 259.

Anders wäre die Strafbarkeit der F zu beurteilen, wenn Dieb D erneut Hehler H das Bild übergeben hätte und nunmehr F dem H ihre Kontakte für den Abschluss eines Kaufvertrages zur Verfügung stellt. In diesem Fall hätte Hehler H eine Strafbarkeit nach § 259 verwirklicht. Zu dieser Hehlerei hätte F gem. § 27 Hilfe geleistet.

810

Wie beim Absetzen auch ist nun auch hier ein Absatzerfolg des Vortäters erforderlich. Liegt dieser nicht vor, dann kommt nur Versuch in Betracht.

 

 

 

III. Subjektiver Tatbestand

811

Im subjektiven Tatbestand sind zwei Prüfungsschritte erforderlich:

Schritt 1

Schritt 2

Vorsatz

Bereicherungsabsicht

1. Vorsatz

812

Der Täter muss zunächst hinsichtlich des objektiven Tatbestandes vorsätzlich handeln, wobei dolus eventualis ausreicht.

2. Bereicherungsabsicht

813

Darüber hinaus ist jedoch eine Bereicherungsabsicht erforderlich. Diese Bereicherungsabsicht entspricht der Bereicherungsabsicht beim Betrug gem. § 263, so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann. Beachten Sie jedoch, dass im Unterschied zu § 263 die Bereicherungsabsicht nicht rechtswidrig sein muss und auch eine Stoffgleichheit nicht erforderlich ist.

814

Umstritten ist, ob bei der Drittbereicherung der Bereicherte auch der Vortäter sein kann. Dies wird teilweise bejaht.

Schönke/Schröder-Stree § 259 Rn. 50. Überwiegend wird jedoch darauf hingewiesen, dass ein Täter, der ausschließlich im Interesse des Vortäters handle, sich schon nach § 257 strafbar mache. Im Interesse einer klaren Abgrenzung beider Vorschriften kann mithin der bereicherte Dritte nicht der Täter der Vortat sein.BGH NStZ 1995, 595; Joecks § 259 Rn. 32.

Hinweis

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Damit ergibt sich sowohl für das Absetzen als auch für die Absatzhilfe, dass der Täter jedenfalls auch die eigene Bereicherung erstreben muss.

IV. Rechtswidrigkeit und Schuld

815

Insoweit gibt es keine deliktspezifischen Besonderheiten, so dass auf die allgemeinen Grundsätze verwiesen wird.

V. Täterschaft und Teilnahme sowie Konkurrenzen

816

Wie bereits festgestellt, kann der Täter der Vortat nicht zugleich Täter einer Hehlerei sein.

Der Täter der Vortat kann jedoch einen unbeteiligten Dritten zur Begehung einer Hehlerei anstiften bzw. ihm Hilfe leisten. In diesen Fällen wird die Teilnahme an der Hehlerei jedoch als mitbestrafte Nachtat angesehen, die hinter der Vortat zurücktritt.

Wessels/Hillenkamp Strafrecht BT/2 Rn. 883.

Ist der Hehler als Teilnehmer an der Vortat beteiligt, so liegt i.d.R. Tatmehrheit gem. § 53 vor.

817

Expertentipp

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Wiederholen Sie an dieser Stelle sowohl die echte als auch die unechte Wahlfeststellung und darüber hinaus die Post- bzw. Präpendenz, dargestellt im Skript „Strafrecht AT II“.

Wird beim Täter Diebesgut gefunden, von welchem sich nicht mehr aufklären lässt, ob der Täter die Sachen weggenommen oder sich verschafft bzw. angekauft hat, so ist eine echte Wahlfeststellung zwischen §§ 242, 246 und § 259 möglich. Der Täter wird dann entweder wegen Diebstahls oder Unterschlagung verurteilt. Voraussetzung dafür ist jedoch eine rechtsethische und psychologische Vergleichbarkeit der Taten, welche bei den soeben zitierten Normen angenommen wird.

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