Strafprozessrecht (Basics)

Die Untersuchungshaft gem. §§ 112 ff. StPO

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I. Die Untersuchungshaft gem. §§ 112 ff. StPO

113

Die Untersuchungshaft, deren Voraussetzungen in §§ 112 ff. StPO geregelt sind, dient ausschließlich der Sicherung der ordnungsgemäßen Durchführung eines Strafverfahrens bis zur abschließenden Entscheidung der Strafverfolgungsbehörden.

BVerfGE 32, 87. Da sie aufgrund der Ihnen bereits bekannten Unschuldsvermutung eine „Freiheitsberaubung Unschuldiger“ darstellt, ist sie nur dann zulässig, wenn das Erfordernis einer effektiven Strafrechtspflege sie gebietet. Die Untersuchungshaft darf also weder Sanktionscharakter haben, noch darf sie gezielt als Druckmittel zur Sachaufklärung eingesetzt werden, nach dem Motto „U-Haft schafft Rechtskraft“.Haller/Conzen Das Strafverfahren Rn. 1139.

Prüfungsschema

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Wie prüft man: Voraussetzungen der Untersuchungshaft gem. §§ 112 ff. StPO

I.

Formelle Voraussetzungen

 

1.

Schriftlicher Haftbefehl gem. § 114 StPO

 

2.

Anordnungsbefugnis: der Richter gem. §§ 114 Abs. 1, 125 StPO

II.

Materielle Voraussetzungen

 

1.

Dringender Tatverdacht

 

2.

Haftgrund gem. § 112 Abs. 2, Abs. 3 StPO und § 112a StPO

 

3.

Verhältnismäßigkeit

1. Formelle Voraussetzungen der Untersuchungshaft

114

Die Untersuchungshaft setzt gem. § 114 StPO zunächst einen schriftlichen Haftbefehl voraus. Der Inhalt dieses Haftbefehls ergibt sich aus § 114 Abs. 2 und 3 StPO.

Gem. § 114a StPO ist der Haftbefehl dem Beschuldigten bei der Verhaftung grundsätzlich bekannt zu geben. Darüber hinaus muss gem. § 114b StPO ein Angehöriger von der Verhaftung unterrichtet werden.

Anordnungsbefugt ist, wie sich aus § 114 Abs. 1 StPO und Art. 104 Abs. 2 S. 1 GG entnehmen lässt, nur der Richter. Im Ermittlungsverfahren, also vor Erhebung der öffentlichen Klage, ist das in der Regel ein Amtsrichter, der in diesem Stadium als Ermittlungsrichter bezeichnet wird und in dessen Bezirk ein Gerichtsstand begründet ist oder der Beschuldigte sich aufhält, § 125 StPO. Sofern es sich um Verfahren handelt, die gem. §§ 120, 120b GVG erstinstanzlich in die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts fallen, ist gem. § 169 StPO der Ermittlungsrichter des Oberlandesgerichts oder – sofern die Bundesanwaltschaft die Sache an sich zieht, der Ermittlungsrichter beim BGH zuständig. Der Haftbefehl ergeht auf Antrag der Staatsanwaltschaft.

Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist gem. § 125 Abs. 2 StPO das Gericht zuständig, welches mit der Sache befasst ist.

Das Muster eines Haftbefehls finden Sie bei Haller/Conzen Das Strafverfahren Rn. 1153.

2. Materielle Voraussetzungen eines Haftbefehls

115

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a) Dringender Tatverdacht

116

Der dringende Tatverdacht stellt nach dem Anfangsverdacht und dem hinreichenden Tatverdacht die dritte Verdachtsstufe dar.

Definition

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Definition: dringender Tatverdacht

Ein dringender Tatverdacht liegt vor, wenn nach dem jeweiligen Stand der Ermittlungen eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte Täter oder Teilnehmer einer Straftat ist.

Beulke/Swoboda Strafprozessrecht Rn. 210.

Expertentipp

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Wissen Sie noch, was ein Anfangsverdacht und was ein hinreichender Tatverdacht ist? Wenn nicht, nutzen Sie die Gelegenheit, die entsprechenden Kapitel Rn. 15 ff., 19 zu wiederholen.

Beim dringenden Tatverdacht handelt es sich mithin um einen Verdacht mit der höchsten Intensität. Da Haftbefehle nicht selten direkt zu Beginn der Ermittlungen erlassen werden, ist es denkbar, dass sich im Verlauf des Strafverfahrens der Verdachtsgrad ändert. Fällt der dringende Tatverdacht weg, so ist gem. § 120 StPO die Untersuchungshaft aufzuheben.

Beispiel

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In dem Verfahren gegen den Meteorologen Jörg Kachelmann, angeklagt wegen schwerer Vergewaltigung und später frei gesprochen, hatte das OLG Karlsruhe im Juli 2010 entschieden, dass die Voraussetzungen der Untersuchungshaft mangels dringenden Tatverdachts nicht mehr gegeben seien und die Aufhebung der U-Haft angeordnet. Zur Begründung hat das Gericht darauf hingewiesen, dass bei einer Fallkonstellation „Aussage gegen Aussage“ die Glaubwürdigkeit des vermeintlichen Opfers eine große Rolle spiele. Dieses habe aber bei der Anzeigeerstattung und im weiteren Verlauf des Ermittlungsverfahrens zu Teilen der verfahrensgegenständlichen Vorgeschichte und des für die Beurteilung des Kerngeschehens (dem Vergewaltigungsvorwurf) bedeutsamen Randgeschehens zunächst unzutreffende Angaben gemacht. Da zudem hinsichtlich der Verletzungen des Opfers neben einer Fremdbeibringung auch eine Selbstbeibringung nicht ausgeschlossen werden könne, gäbe es nicht genügend Anhaltspunkte für einen dringenden Tatverdacht.

OLG Karlsruhe Beschluss vom 29.7.2010, AZ 3 Ws 225/10 – abrufbar unter www.olg-karlsruhe.de.

Sprechen dringende Gründe dafür, dass der Täter die Tat evtl. im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldfähigkeit gem. §§ 20, 21 StGB begangen hat, dann wird nicht die Untersuchungshaft, sondern vielmehr die einstweilige Unterbringung gem. § 126a StPO angeordnet.

b) Haftgründe

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Die §§ 112 Abs. 2 und 3, 112a StPO enthalten die Gründe, bei deren Vorliegen eine Untersuchungshaft angeordnet werden kann. Demnach kommen in Betracht:

Flucht oder Fluchtgefahr gem. § 112 Abs. 2 Nr. 1, 2 StPO,

Verdunklungsgefahr gem. § 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO,

Verdacht eines Kapitaldelikts gem. § 112 Abs. 3 StPO,

Wiederholungsgefahr gem. § 112a StPO.

Nur für das beschleunigte Verfahren, welches wir bereits kennen gelernt haben, gibt es darüber hinaus einen weiteren Haftgrund, nämlich die Gefahr des Fernbleibens gem. § 127b Abs. 2 StPO. Mit diesem Haftgrund werden wir uns an dieser Stelle nicht näher beschäftigen. Es reicht aus, wenn Sie insoweit die Vorschrift lesen.

aa) Flucht oder Fluchtgefahr

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Definition

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Definition: Flucht

Eine Flucht liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen den Schluss zulassen, dass der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält, § 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO.

Demgegenüber stellt die Fluchtgefahr sozusagen die Vorstufe der Flucht dar.

Definition

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Definition: Fluchtgefahr

Eine Fluchtgefahr liegt vor, wenn bei Würdigung der Umstände des Einzelfalls die Gefahr besteht, dass der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde, § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO.

Bei der Beurteilung der Fluchtgefahr muss der Richter eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Gesamtabwägung vornehmen, bei welcher verschiedene Gesichtspunkte eine Rolle spielen können, so u.a.

die Höhe der zu erwartenden Strafe,

die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten, insbesondere Fremdsprachenkenntnisse, Kontakte zum Ausland und finanzielle Möglichkeiten sowie

die sozialen Bindungen des Beschuldigten, wie z.B. fester Arbeitsplatz und fester Wohnsitz, von ihm bewohntes Eigentum, Familie und Kinder.

Eine schematische, pauschale Begründung reicht für die Fluchtgefahr nicht aus. So ist z.B. allein die Höhe der zu erwartenden Strafe kein ausreichender Grund. Hinzukommen müssen vielmehr weitere Aspekte, wie z.B. gute Fremdsprachenkenntnisse und ausreichende finanzielle Möglichkeiten, um sich ins Ausland abzusetzen.

Haller/Conzen Das Strafverfahren Rn. 1144.

bb) Verdunklungsgefahr

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Verdunklungsgefahr liegt gem. § 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO vor, wenn das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde

Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder

auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder

andere zu einem solchen Verhalten veranlassen.

Auch hier muss der Richter wieder aufgrund einer einzelfallbezogenen Gesamtabwägung, die auf konkreten Tatsachen beruht, die Verdunklungsgefahr substantiiert begründen. Ein Hinweis darauf, die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen, reicht insofern nicht.

OLG Frankfurt NStZ 1997, 22.

cc) Verdacht eines Kapitaldelikts

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Nach § 112 Abs. 3 StPO kann die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn der dringende Tatverdacht besteht, dass der Beschuldigte eines der dort aufgeführten Kapitaldelikte begangen hat. Beim aufmerksamen Lesen dieser Vorschrift werden Sie feststellen, dass § 112 Abs. 3 StPO damit auf einen Haftgrund verzichtet. Ausreichend soll allein ein dringender Tatverdacht sein. Damit entfernt sich die Vorschrift des § 112 Abs. 3 StPO von dem Zweck der Untersuchungshaft, nämlich der Verfahrenssicherung. Aus diesem Grund hat das Bundesverfassungsgericht

BVerfGE 19, 342. im Wege einer verfassungskonformen Auslegung die Norm korrigiert. Voraussetzung ist nunmehr, dass auch bei § 112 Abs. 3 StPO, entgegen seinem ausdrücklichen Wortlaut, ein Haftgrund vorliegen muss, namentlich die Flucht- oder Verdunklungsgefahr. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht, dass die Begründungsanforderungen niedriger sind. Es soll ausreichen, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalls eine Flucht- oder Verdunklungsgefahr nicht sicher auszuschließen ist oder wenn ernstlich zu befürchten ist, dass der Beschuldigte ähnliche Taten wiederholen wird.BVerfGE 19, 342; Beulke/Swoboda Strafprozessrecht Rn. 214.

dd) Wiederholungsgefahr

121

Nach § 112a StPO kann die Untersuchungshaft auch dann angeordnet werden, wenn der Täter dringend verdächtig ist, eine der in Nr. 1 oder 2 aufgelisteten Straftaten begangen zu haben und darüber hinaus bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, dass er weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen oder die Straftat fortsetzen werde. § 112a StPO dient damit nicht allein der Sicherung der Strafverfolgung, sondern v.a. auch dem Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Tätern.

BVerfG NJW 1966, 243. Systematisch betrachtet ist § 112a StPO damit in erster Linie eine Sicherungshaft, die mit der bereits erwähnten Unschuldsvermutung kollidiert. Wenn Sie den Katalog der in § 112a StPO aufgelisteten Straftaten aufmerksam studieren, werden Sie feststellen, dass es sich um Straftaten handelt, die nach kriminalistischer Erfahrung häufig von Serientätern begangen werden, so z.B. die Sexualstraftaten. Insbesondere bei Letzteren reicht bereits die einmalige Begehung aus, um die Wiederholungsgefahr zu begründen. Bei anderen Taten hingegen müssen die jeweiligen Delikte mindestens 2 Mal durch rechtlich selbstständige Handlungen verwirklicht worden sein.Haller/Conzen Das Strafverfahren Rn. 1147.

c) Verhältnismäßigkeit

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Aus § 112 Abs. 1 S. 2 StPO ergibt sich, dass die Untersuchungshaft nicht angeordnet werden darf, „wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht“. Eine gesetzliche Konkretisierung dieses Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes stellt § 113 StPO dar, der für die Fälle geringerer Kriminalität besondere Voraussetzungen schafft. Darüber hinaus ergeben sich aus § 116 StPO zahlreiche Möglichkeiten, einen Haftbefehl auszusetzen.

Beispiel

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Der aus den USA stammende A, der für ein Jahr ein Stipendium an einer deutschen Hochschule hat, ist 3 Monate vor seiner Abreise kurz hintereinander wegen mehrerer kleiner Ladendiebstähle erwischt worden. A ist bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Hier könnte zwar eventuell der Haftgrund der Fluchtgefahr vorliegen. Wahrscheinlich ist jedoch, dass er – sofern das Verfahren nicht gem. § 153a StPO eingestellt wird – eine Geldstrafe erhalten wird. Aus diesem Grund wäre die Anordnung der U-Haft unverhältnismäßig.

3. Vollstreckung des Haftbefehls

123

Der Haftbefehl wird durch die Verhaftung des Beschuldigten vollstreckt. Gem. § 115 StPO ist der Beschuldigte nach der Verhaftung unverzüglich dem zuständigen Richter vorzuführen. Zuständig ist der Richter, der den Haftbefehl erlassen hat, § 126 Abs. 1 StPO.

4. Rechtsbehelfe gegen den Haftbefehl

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Bitte Beschreibung eingeben

Der Verhaftete kann gegen den Haftbefehl zunächst gem. § 117 Abs. 1 StPO einen Antrag auf Haftprüfung stellen. Zudem hat er die Möglichkeit, gem. §§ 304 ff. StPO Haftbeschwerde einzulegen.

Über die Haftprüfung gem. § 117 Abs. 1 StPO entscheidet der Haftrichter, § 126 StPO, mithin also der Richter, der bereits den Haftbefehl erlassen hat. Vor diesem Hintergrund kommt eine Haftprüfung immer dann in Betracht, wenn sich im Nachhinein neue Tatsachen ergeben, bei deren Kenntnis der Haftrichter den Haftbefehl evt. nicht erlassen hätte, so dass eine berechtigte Hoffnung besteht, dass eben dieser Richter den Haftbefehl aufheben oder aussetzen wird.

Über die Haftbeschwerde gem. §§ 304 ff. StPO entscheidet ebenfalls zunächst der Richter, der den Haftbefehl erlassen hat. Hilft er jedoch der Beschwerde nicht ab, dann muss er sie dem Beschwerdegericht vorlegen. Hierbei handelt es sich um das nächsthöhere Gericht, in der Regel um das Landgericht, § 73 Abs. 1 GVG. Eine Haftbeschwerde kommt aufgrund dessen immer dann in Betracht, wenn der Verhaftete der Auffassung ist, der Haftbefehl hätte von vornherein aufgrund der vorliegenden Tatsachen nicht erlassen werden dürfen. In diesem Fall hat er ein Interesse daran, dass ein anderer Richter über die Voraussetzungen entscheidet. Haftbefehl und Haftprüfung sind nicht zeitgleich nebeneinander möglich. Dies ergibt sich aus § 117 Abs. 2 S. 1 StPO.

Hat der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat 6 Monate angedauert, dann wird das sog. „Vorlageverfahren“ gem. §§ 121, 122 StPO eingeleitet. In diesem Verfahren werden die weiteren Voraussetzungen der Fortdauer der Untersuchungshaft durch das Oberlandesgericht überprüft. Dieses Verfahren ist Ausdruck des Ihnen schon bekannten Beschleunigungsgebotes.

Expertentipp

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Können Sie diesen kleinen Fall noch fehlerfrei materiell-rechtlich lösen? Wenn nicht, dann nutzen Sie an dieser Stelle die Gelegenheit und wiederholen Sie die Tötungsdelikte, dargestellt im Skript „Strafrecht BT I“.

Beispiel

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Nachdem A seine Familie finanziell in den Ruin getrieben hat, beschließt er zusammen mit seiner Frau, sich selbst und dem gemeinsamen Kind das Leben zu nehmen, um allen ein „unwürdiges“ Leben in Armut zu ersparen. Sie verabreichen dem 5-jährigen Kind zunächst Schlaftabletten, fahren dann mit dem Auto des A in den Wald und leiten die Auspuffabgase in das Wageninnere, wobei A die technischen Vorkehrungen trifft. Nach kurzer Zeit sterben das Kind und die Ehefrau, der bewusstlose A wird noch rechtzeitig gefunden und überlebt. Da A noch immer schwer suizidgefährdet ist und sich auf diese Art und Weise des Verfahrens entziehen könnte, erlässt der zuständige Richter Haftbefehl gegen A, wobei die Fluchtgefahr mit dem möglichen Selbstmord und der Höhe der zu erwartenden Strafe begründet wird. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nämlich wegen Mordes gem. § 211 StGB an dem Kind und Tötung auf Verlangen gem. § 216 StGB an der Frau des A. Dass A in der Nähe seines Heimatortes eine Schwester hat, die angeboten hat, sich um ihn zu kümmern, erachtet der zuständige Richter als unmaßgeblich. A wendet sich an Sie und fragt, was er gegen den Haftbefehl unternehmen kann.

Da es keine neuen Tatsachen oder Beweismittel gibt, macht es wenig Sinn, den Richter, der den Haftbefehl erlassen hat, mit der Überprüfung des Haftbefehls zu beauftragen. Aus diesem Grund sollten Sie Ihrem Mandanten die Einlegung einer Haftbeschwerde gem. §§ 304 ff. StPO empfehlen. Zu den Voraussetzungen siehe Rn. 186 ff. Diese Beschwerde dürfte auch Aussicht auf Erfolg haben. Da es sich bei der Tötung des Kindes um einen Mitleidsmord handelt, fehlt es an der feindseligen Willensrichtung, die der BGH verlangt und damit an der Heimtücke. Es kommt nur ein Totschlag in Betracht. Hinsichtlich der Ehefrau liegt eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung vor, da sie jederzeit aus dem Auto hätte aussteigen können, so dass A insoweit straflos ist. Das reduziert erheblich das zu erwartende Strafmaß, so dass dieses als wesentliche Begründung für die Fluchtgefahr nicht mehr in dem Maße wie zuvor herangezogen werden kann.

Die Suizidgefahr stellt nach h.M. keinen Grund dar, eine Fluchtgefahr zu bejahen. Zwar ist der Tod des Beschuldigten ein Verfahrenshindernis, welches dazu führt, dass das Strafverfahren nicht mehr durchgeführt werden kann. Auf der anderen Seite muss es aber dem Beschuldigten überlassen bleiben, was er mit seinem Körper anstellt. Dies ist Ausfluss des grundrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrechts.

OLG Köln StraFo 1998, 102; Humberg JuS 2003, 758 m.w.N. So ist er ja auch nicht verpflichtet, seinen Körper für die Dauer des Verfahrens gesund zu halten, indem er z.B. aufhört zu rauchen. Da A zudem über familiäre Kontakte verfügt und keinerlei finanziellen Mittel hat, sich ins Ausland abzusetzen, liegen keine überzeugenden Anhaltspunkte für eine Fluchtgefahr vor.

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