Staatsorganisationsrecht

Die Bundesregierung

Juracademy JETZT WEITER LERNEN!

Dieses und viele weitere Lernvideos sowie zahlreiche Materialien für die Examensvorbereitung erwarten dich im Kurspaket Öffentliches Recht



294 weitere Lernvideos mit den besten Erklärungen


1001 Übungen zum Trainieren von Prüfungsschemata und Definitionen


Prüfungsnahe Übungsfälle und zusammenfassende Podcasts


Das gesamte Basiswissen auch als Skript auf 1469 Seiten

D. Die Bundesregierung

177

Die Bundesregierung nimmt die wesentliche Aufgabe der politischen Staatsleitung wahr und bildet zugleich die Spitze der Bundesverwaltung. Zur Staatsleitung gehört insbesondere die politische Planung, Gestaltung und Kontrolle in eigener Initiative.Voßkuhle/Schemmel Die Bundesregierung, JuS 2020, 736.

Sie besteht nach Art. 62 GG aus dem Bundeskanzler und den Bundesministern. Die Prinzipien für die Arbeit innerhalb der Bundesregierung sind im Grundgesetz festgelegt, Art. 65 S. 1 GG: Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers, Art. 65 S. 2 GG: Ressortkompetenz des jeweiligen Bundesministers, Art. 65 S. 3 GG: Kabinettsprinzip. Der Geschäftsgang innerhalb der Bundesregierung ist in der auf Grundlage des Art. 65 S. 4 GG erlassenen Geschäftsordnung der Bundesregierung (GOBReg) sowie in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) geregelt.  

 

I. Der Bundeskanzler

178

Innerhalb der Bundesregierung kommt dem Bundeskanzler eine herausgehobene Bedeutung zu. Der Bundeskanzler

bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung (Art. 65 S. 1 GG),

schlägt die Bundesminister dem Bundespräsidenten zur Ernennung und Entlassung vor (Art. 64 Abs. 1 GG),

kann dem Bundestag eine Vertrauensfrage stellen und im Falle fehlender Zustimmung dem Bundespräsidenten die Auflösung des Bundestags vorschlagen (Art. 68 GG),

und die Bundesminister sind in ihrer Amtszeit insoweit verbunden, als alle Bundesminister ihr Amt verlieren, wenn der Bundeskanzler aus seinem Amt ausscheidet (Art. 69 Abs. 2 GG).

Der Bundeskanzler wird anders als die Bundesminister unmittelbar vom Bundestag gewählt (Art. 63 GG) und kann von diesem im Wege des konstruktiven Misstrauensvotums abgewählt (Art. 67 GG) werden. Aufgrund dieser verfassungsrechtlichen Abhängigkeit des Kanzlers vom Vertrauen des Bundestages handelt es sich ein parlamentarisches Regierungssystem. Der Kanzler darf deshalb – wie die Bundesminister – selbst Abgeordneter des Bundestages sein, ohne dass dies zu einer Verletzung des Gewaltenteilungsprinzipes führt.

Expertentipp

Hier klicken zum Ausklappen

Wiederholen Sie bitte nochmals das Gewaltenteilungsprinzip und seine legitimen Durchbrechungen, Rn. 47.

Der Bundeskanzler ist kein Beamter, wohl aber öffentlicher Amtsträger. Die Rechtsstellung des Bundeskanzlers (und der Bundesminister) ist näher geregelt im Bundesministergesetz (BMinG).

Expertentipp

Hier klicken zum Ausklappen

Bitte schauen sie sich die Dogmatik und Herleitung der amtlichen Neutralitätspflicht von unterschiedlichen Hoheitsträgern noch einmal im Einzelnen unter Rn. 34 an.

Die Mitglieder der Bundesregierung sind einerseits öffentliche Amtsträger und haben andererseits eine davon zu differenzierende private Stellung. In ihrer Funktion als Regierungsmitglied sind sie Teil der staatlichen Gewalt und damit an die amtliche Neutralitätspflicht gebunden. Hingegen können sie sich in privater Eigenschaft als Staatsbürger auf ihre Grundrechte und hierbei insbesondere die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG berufen.

Bei kritischen parteiergreifenden Äußerungen bedarf es daher einer Abgrenzung, ob diese in amtlicher Eigenschaft oder in privater Eigenschaft erfolgt sind. Eine derartige Äußerung hat amtlichen Charakter, wenn das Regierungsmitglied die mit dem Regierungsamt verbundenen Ressourcen in spezifischer Weise in Anspruch nimmt. Die amtliche Neutralitätspflicht wird daher insbesondere verletzt, wenn kritische parteiergreifende Stellungnahmen als Presseerklärung eines Bundesministeriums, unter Nutzung des ministeriellen Briefkopfs oder auf der Homepage des Bundesministeriums verbreitet werden.

1. Die Wahl und Amtsdauer des Bundeskanzlers

179

Gem. Art. 63 Abs. 1 GG wird der Bundeskanzler auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestag gewählt. Da zur Wahl des Bundeskanzlers die Mehrheit der Mitglieder des Bundestages erforderlich ist (sog. Kanzlermehrheit, Art. 63 Abs. 2 GG), schlägt der Bundespräsident in der Regel den Kandidaten der Mehrheitsfraktionen vor.

Beispiel

Hier klicken zum Ausklappen

Der 19. Bundestag setzt sich zu Beginn seiner Wahlperiode aus 709 Abgeordneten zusammen: Neben den in § 1 Abs. 1 BWahlG vorgesehenen 598 Abgeordneten haben sich bei der Bundestagswahl 2017 nach § 6 Abs. 4–6 BWahlG noch 46 Überhang- und 65 Ausgleichsmandate ergeben. Als Kanzler gewählt ist nach Art. 63 Abs. 2 S. 1 GG, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt. Mehrheit der Mitglieder des Bundestages ist nach Art. 121 GG die Mehrheit ihrer gesetzlichen Mitgliederzahl. Da sich die gesetzliche Mitgliederzahl aus §§ 1, 6 BWahlG ergibt, beträgt die erforderliche Kanzlermehrheit bei 709 Abgeordneten 355 Stimmen.

Billigt der Bundestag den Vorschlag des Bundespräsidenten nicht, so kann er binnen 14 Tagen einen Bundeskanzler mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder wählen, Art. 63 Abs. 3 GG. Kommt diese Wahl nicht zustande, so findet unverzüglich eine Wahl statt, bei welcher die einfache (relative) Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheidet. Erhält der Gewählte dabei weniger als die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages (absolute Mehrheit), so braucht der Bundespräsident den Gewählten nicht zu ernennen. Er kann stattdessen den Bundestag auflösen, Art. 63 Abs. 4 GG. In diesem Fall kommt es zu einer Neuwahl des Bundestages innerhalb von sechzig Tagen (Art. 39 Abs. 1 S. 4 GG).

180

Das Amt des Bundeskanzlers kann auf verschiedene Arten enden:

im Regelfall mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages (Art. 69 Abs. 2 Hs. 1 GG) nach Ende der Wahlperiode des alten Bundestages (Art. 39 Abs. 1 S. 2 GG); auf Ersuchen des Bundespräsidenten führt der Bundeskanzler aber die Geschäfte bis zur Ernennung seines Nachfolgers weiter (Art. 69 Abs. 3 GG);

eine vorzeitige Beendigung ist nach einer gescheiterten Vertrauensfrage des Bundeskanzlers und der nachfolgenden Auflösung des Bundestages durch den Bundespräsidenten nach Art. 68 GG möglich. In diesem Fall findet nach Art. 39 Abs. 1 S. 4 GG eine Neuwahl statt und der neue Bundestag tritt nach Art. 39 Abs. 2 GG zusammen mit der Folge, dass dann das Amt des Bundeskanzlers endet (s. Rn. 181);

ein weiterer Fall der vorzeitigen Beendigung ist die Wahl eines Nachfolgers durch den Bundestag im Wege des konstruktiven Misstrauensvotums nach Art. 67 GG. Für diesen Fall muss der Bundespräsident den Bundeskanzler entlassen und den Gewählten ernennen (s. Rn. 182).

Das Amt endet ferner mit Tod oder dem Rücktritt des Bundeskanzlers. Der Rücktritt ist im Grundgesetz zwar nicht vorgesehen, gleichwohl ist er aber als Ausprägung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Amtsinhabers (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) zulässig.

Beispiel

Hier klicken zum Ausklappen

Bundeskanzler Brandt trat 1974 wegen der sog. Guillaume-Affäre zurück.

Hinweis

Hier klicken zum Ausklappen

In allen Fallgruppen der Beendigung des Amtes des Bundeskanzlers endet kraft Art. 69 Abs. 2 GG zeitgleich auch das Amt der Bundesminister.

2. Die Vertrauensfrage

181

Gem. Art. 68 Abs. 1 GG hat der Bundeskanzler das Recht, beim Bundestag zu beantragen, ihm das Vertrauen auszusprechen (s. auch § 98 Abs. 1 GOBT). Diese sog. Vertrauensfrage kommt insbesondere in Betracht, wenn der Bundeskanzler in der Sache nicht mehr das erforderliche Vertrauen des Parlaments genießt,BVerfGE 62, 1, 42 ff. also sich die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag – etwa durch den Bruch der Koalition – geändert haben. Zulässig ist auch die Verbindung eines Sachantrages mit der Vertrauensfrage.     

Beispiel

Hier klicken zum Ausklappen

Der Bundeskanzler will den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan in seiner Fraktion durchsetzen, nachdem einige Fraktionsmitglieder sich vehement dagegen ausgesprochen haben.

Erforderlich für eine positive Entscheidung über die Vertrauensfrage ist die Mehrheit der Mitglieder des Bundestages (absolute Mehrheit). Wird die Vertrauensfrage mit einem Sachantrag verbunden, so handelt es sich technisch gesehen um einen Antrag, so dass auch der Sachantrag mit absoluter Mehrheit angenommen werden muss, selbst wenn für ihn an sich eine einfache Mehrheit ausgereicht hätte. Kommt die absolute Mehrheit nicht zustande, so hat der Bundespräsident zwei Möglichkeiten: Er kann den Bundestag auf Vorschlag des Bundeskanzlers innerhalb von 21 Tagen auflösen (Art. 68 Abs. 1 S. 1 GG) oder die bisherige Regierung (ggf. als Minderheitsregierung) weiter amtieren lassen. In diesem Fall kann der Bundespräsident auf Vorschlag der Bundesregierung den Gesetzgebungsnotstand nach Art. 81 GG erklären, in dem die Regierung für die Dauer von sechs Monaten Gesetze auch gegen den Willen des Bundestages, aber nur mit Zustimmung des Bundesrates, verabschieden kann. Das Auflösungsrecht des Bundespräsidenten erlischt, wenn der Bundestag mit absoluter Mehrheit einen neuen Bundeskanzler wählt, Art. 68 Abs. 1 S. 2 GG.

Vertrauensfrage als Vehikel zu Neuwahlen (auflösungsgerichtete Vertrauensfrage): Fraglich ist, ob die von vornherein geplante Ablehnung der Vertrauensfrage zur Auflösung des Bundestages führen kann. Dies ist der Fall, wenn der Bundeskanzler zwar noch die Mehrheit hinter sich hat, die Regierungskoalition aber den Vertrauensantrag ablehnt bzw. sich der Stimme enthält, um Neuwahlen herbei zu führen. Nach Auffassung des BVerfGBVerfGE 62, 1, 42 ff. darf der Bundeskanzler die Vertrauensfrage nur stellen, wenn die politischen Kräfteverhältnisse im Bundestag seine Handlungsfähigkeit so beeinträchtigen, dass er nicht mehr sinnvoll regieren kann. Materiell muss die auflösungsgerichtete Vertrauensfrage daher Resultat einer instabilen politischen Lage zwischen Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung sein. Diese materiellen Anforderungen werden vom Bundesverfassungsgericht aber nur beschränkt überprüft. Es gesteht dem Bundeskanzler hinsichtlich der Einschätzung der politischen Lage einen Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu und zieht sich so auf eine Evidenzkontrolle zurück.   

Hinweis

Hier klicken zum Ausklappen

Für den nur geschäftsführenden Bundeskanzler i.S.d. Art. 69 Abs. 3 GG ist die Stellung der Vertrauensfrage gemäß Art. 68 GG ausgeschlossen. Dies liegt daran, dass der geschäftsführende Bundeskanzler seine Legitimation nicht aus der Vertrauensbekundung des Bundestages schöpft, sondern allein aus der Beauftragung durch den Bundespräsidenten.

3. Das konstruktive Misstrauensvotum

182

Gem. Art. 67 Abs. 1 GG kann der Bundestag dem Bundeskanzler aus eigener Initiative das Misstrauen dadurch aussprechen, dass er mit absoluter Mehrheit einen neuen Bundeskanzler wählt. Misstrauenserklärung und Neuwahl des Bundeskanzlers fallen in einem Akt zusammen. Dadurch soll verhindert werden, dass sich lediglich eine Mehrheit für die Abwahl des Bundeskanzlers – und mit ihm der Bundesregierung (Art. 69 Abs. 2 Hs. 2 GG) – findet, nicht aber für eine neue Regierung.

4. Die Organisations- und Personalgewalt des Bundeskanzlers

183

Aufgrund seiner Organisationsgewalt bestimmt der Bundeskanzler über Anzahl und fachlichen Zuschnitt der Ministerien. Er kann neue Ministerien errichten, bestehenden Ministerien neue Aufgaben zuweisen, Ministerien zusammenlegen oder bisherige Ministerien auflösen.

Beispiel

Hier klicken zum Ausklappen

Auflösung des ehemaligen Bundesministeriums für Post und Telekommunikation, Umorganisation des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit in das Ministerium für Wirtschaft und Energie.

Rechtlich gebunden ist er dabei nur insoweit, als das Grundgesetz die Einrichtung bestimmter Ministerien zwingend vorsieht: das Bundesministerium der Verteidigung (Art. 65a GG), das Bundesministerium der Justiz (Art. 96 Abs. 2 S. 4 GG) und das Bundesministerium der Finanzen (Art. 112 S. 1 GG). Allerdings können auch die Zuständigkeitsbereiche dieser Ministerien geändert werden, sofern die grundgesetzliche Aufgabenzuweisung (durch die genannten Artikel) nicht berührt wird.

Der Bundeskanzler verfügt ferner über die Personalgewalt, da er die Bundesminister bestimmt, Art. 64 Abs. 1 GG.

5. Die Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers

184

Gem. Art. 65 S. 1 GG bestimmt der Bundeskanzler die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Dies darf aber nicht dahin missverstanden werden, als dass dadurch die Rechte der anderen Bundesorgane, insbesondere des Bundestages, oder die der Bundesländer ausgehöhlt werden dürfte. Bereits aus Gründen der horizontalen und vertikalen Gewaltenteilung darf der Bundeskanzler deshalb nur die Richtlinien der Politik innerhalb der Zuständigkeit der Bundesregierung bestimmen. Der Bundeskanzler ist damit zuständig für die Formulierung der Grundlinien der Politik der Bundesregierung, für die damit verbundenen politischen Leitentscheidungen und Entscheidungen von Einzelfragen mit erheblicher politischer Tragweite.

Der Bundeskanzler hat das Recht und die Pflicht, auf die Durchführung der Richtlinien zu achten (§ 1 Abs. 2 GOBReg). Bei Zweifeln über den Inhalt der Richtlinienentscheidung haben die Bundesministerien eine Entscheidung des Bundeskanzlers herbeizuführen (§ 1 Abs. 1 S. 3 GOBReg). Da der Bundeskanzler nur einen Rahmen schaffen soll, der durch die Bundesminister im Einzelnen ausgefüllt wird, besteht die Richtlinienkompetenz nur den Bundesministern gegenüber und nicht auch gegenüber den einzelnen Bediensteten der Ministerien.

Hinweis

Hier klicken zum Ausklappen

Im Rahmen der Richtlinien des Bundeskanzlers führen die Bundesminister ihr Ressort nach Art. 65 S. 2 GG eigenständig (Ressortkompetenz). Hier sind mögliche Konflikte nicht ausgeschlossen. Grundsätzlich legt bereits der Begriff „Richtlinie“ nahe, dass der Bundeskanzler Rahmenvorgaben in allgemeiner Form (z.B. wirtschaftsfreundliche Bundesregierung, Entbürokratisierung, Vorgaben eines Koalitionsvertrages zwischen den regierungstragenden Parteien etc.) treffen kann, die in der Zuständigkeit der Bundesregierung liegen (z.B. Gesetzesinitiativen, Erlass von Rechtsverordnungen, Erlasse, Weisungen, Aufsichtsmaßnahmen an nachgeordnete Behörden). Da der Bundeskanzler nach außen die Verantwortung für die Regierungspolitik trägt, wird trotz der Ressortkompetenz zumindest in wesentlichen, d.h. richtungsweisenden, inhaltlichen Fragen aber auch ein Einzelweisungsrecht gegenüber einem Minister angenommen. Dies darf jedoch nicht so weit führen, dass die Ressortkompetenz des Ministers ausgehöhlt würde. Dies wäre z.B. bei einem Schlusszeichnungsvorbehalt des Bundeskanzlers bei allen Verfügungen des Bundesministers der Fall.

II. Die Bundesminister

185

Wie der Bundeskanzler stehen auch die Bundesminister in einem öffentlich-rechtlichen Amtsträgerverhältnis, welches durch die Bestimmungen des Bundesministergesetzes (BMinG) näher ausgestaltet wird.

1. Ernennung und Entlassung

186

Die Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen (Art. 64 Abs. 1 GG). Der Bundespräsident kann den Vorschlag des Bundeskanzlers nur aus rechtlichen Gründen ablehnen, vgl. zum Prüfungsrecht des Bundespräsidenten Rn. 173.

Mit dem Ende des Amtes des Bundeskanzlers endet auch das der Bundesminister, Art. 69 Abs. 2 GG. Darüber hinaus kann die Amtszeit eines Ministers dadurch ihr Ende finden, dass der Bundespräsident ihn auf Vorschlag des Bundeskanzlers entlässt, Art. 64 Abs. 1 GG.

Hinweis

Hier klicken zum Ausklappen

Der Bundestag kann nicht aus eigenem Recht einen einzelnen Bundesminister – etwa durch ein Misstrauensvotum – aus dem Amt bringen. Eine Aufforderung des Bundestages an den Bundeskanzler, einen bestimmten Bundesminister zu entlassen, hätte – allenfalls – die Qualität eines schlichten Parlamentsbeschlusses ohne rechtliche Bindungswirkung für den Bundeskanzler.

Auf Ersuchen des Bundespräsidenten oder des Bundeskanzlers ist ein Bundesminister verpflichtet, die Geschäfte bis zur Ernennung eines Nachfolgers des Bundeskanzlers weiterzuführen (Art. 69 Abs. 3 GG).

2. Das Ressortprinzip

187

Gem. Art. 65 S. 2 GG leiten die Bundesminister ihren Geschäftsbereich selbstständig und in eigener Verantwortung. Innerhalb ihres Ressorts, einschließlich der nachgeordneten Behörden (z.B. Umweltbundesamt, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung etc.) können sie sowohl die politischen Leitlinien bestimmen als auch in eigener Verantwortung organisatorische und personelle Entscheidungen treffen. Dabei dürfen sie sich allerdings nicht in Widerspruch zu den Richtlinienentscheidungen des Bundeskanzlers setzen (s. Rn. 184). Im Zweifel ist eine Entscheidung des Bundeskanzlers herbeizuführen (§ 1 Abs. 1 S. 3 GOBReg). Die Kehrseite des Ressortprinzips ist, dass die Minister dem Parlament und dem Bundeskanzler gegenüber für alle Vorgänge, die in seinen Verantwortungsbereich fallen, rechenschaftspflichtig sind.

III. Exkurs: Die Staatssekretäre

188

Keine Mitglieder der Bundesregierung sind die beamteten und parlamentarischen Staatssekretäre, vgl. Art. 62 GG.

Beamtete Staatssekretäre sind die obersten Beamten der Ministerien. Ihnen obliegt – nach dem Minister – die personelle und organisatorische Leitung der verschiedenen Fachabteilungen des Ministeriums sowie der nachgeordneten Behörden. Gleichwohl haben sie – wie jeder Ministerialbeamte – lediglich eine „dienende“ Funktion und sind verpflichtet, die Politik des jeweiligen Ministers bzw. der jeweiligen Regierung mitzutragen. Aufgrund des erforderlichen politischen Vertrauensverhältnisses zum Minister zählt der beamtete Staatssekretär zu den „politischen Beamten“.

Der parlamentarische Staatssekretär ist Mitglied des Bundestages, § 1 Abs. 1 Hs. 2 ParlStG. Er wird auf Verlangen des Bundeskanzlers im Einvernehmen des Ministers diesem beigeordnet und unterstützt den Minister bei dessen Aufgabenerfüllung, § 1 Abs. 2 ParlStG. Seine wesentliche Aufgabe ist es, Kontakt- und Vermittlungsstelle zwischen den Ministerien und den die Regierung tragenden Fraktionen zu sein. Dabei unterliegt er den Weisungen des Ministers. Seine Amtszeit endet gem. § 4 ParlStG mit Entlassung, Ablauf der Amtszeit seines Ministers oder Ausscheiden aus dem Bundestag.

IV. Die Bundesregierung als Kollegialorgan: Das Kabinettsprinzip

189

Bundeskanzler und Bundesminister bilden das sog. Bundeskabinett, also die Bundesregierung. Das Bundeskabinett wird vom Bundeskanzler geleitet, der die Sitzungen einberuft und leitet sowie die Tagesordnung aufstellt.

Gem. Art. 65 S. 3 GG entscheidet bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesministern die Bundesregierung als Kollegialorgan, also das Bundeskabinett. Dieses sog. Kabinettsprinzip steht im Rang hinter der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers. Dessen Richtlinienentscheidungen können durch das Bundeskabinett nicht „überstimmt“ werden. Wohl aber können Vorhaben einzelner Bundesminister vom Bundeskabinett verhindert oder modifiziert werden. Insofern hat das Kabinettsprinzip Vorrang vor dem Ressortprinzip. Dies gilt allerdings wiederum nicht, wenn es sich um eine der grundgesetzlich vorgesehenen Fachministerentscheidungen handelt.

190

Die Entscheidungen der Bundesregierung als Kollegialorgan werden regelmäßig auf den Sitzungen des Bundeskabinetts durch die anwesenden Kabinettsmitglieder getroffen (§ 20 Abs. 1 GOBReg). Diese Sitzungen sind nicht öffentlich. Nach außen tritt die Bundesregierung als Einheit auf. Auch der etwa in einer Abstimmung unterlegene Bundesminister muss die Kabinettsentscheidung nach außen mittragen und vertreten. Gegen die Auffassung der Bundesregierung zu wirken, ist ihm nicht gestattet (§ 28 Abs. 2 GOBReg, sog. „Kabinettsdisziplin“). Bei der Abstimmung besitzen Bundeskanzler und Bundesminister das gleiche Stimmrecht. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Bundeskanzlers. (§ 24 Abs. 2 S. 2 GOReg).

Grundsätzlich erfolgt der Beschluss in gemeinschaftlicher Sitzung im Kabinettssaal des Bundeskanzleramtes. Ist eine mündliche Beratung aber nicht erforderlich, können Beschlüsse auch im sog. Umlaufverfahren entschieden werden, d.h. für einen Vorgang wird die schriftliche Zustimmung der einzelnen Bundesminister eingeholt (§ 20 Abs. 2 GOBReg). Das Umlaufverfahren ist allerdings dann verfassungswidrig, wenn die Zustimmung des Ministers als erteilt gilt, falls er nicht innerhalb einer bestimmten Frist widerspricht.BVerfGE 91, 148, 171 ff.

Neben der in Art. 65 S. 3 GG genannten Aufgabe weist das Grundgesetz dem Bundeskabinett eine Fülle weiterer Zuständigkeiten zu. Wann immer im Grundgesetz von der „Bundesregierung“ die Rede ist, wird das Bundeskabinett tätig.

Beispiel

Hier klicken zum Ausklappen

Die Unterrichtung des Bundesrates und des Bundestages in Angelegenheiten der Europäischen Union, Art. 23 Abs. 2 GG; der Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften für die bundeseigene Verwaltung oder bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechtes, Art. 86 GG; das Initiativrecht bei der Gesetzgebung, Art. 76 Abs. 1 GG; der Erlass von Rechtsverordnungen, die Befugnis kann aber auch einem einzelnen Bundesminister übertragen werden (Art. 80 Abs. 1 GG); Direktions- und Aufsichtsbefugnisse, wenn die Länder Bundesgesetze ausführen (vgl. Art. 84 Abs. 2, Abs. 5 und Art. 85 Abs. 2 und Abs. 3 GG).

Bitte Beschreibung eingeben
 

Hinweis

Hier klicken zum Ausklappen

Die Bundesregierung ist in folgenden Verfahren vor dem BVerfG parteifähig:

im Organstreitverfahren, Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 5, 63 BVerfGG

im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle, Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 6, 76 Abs. 1, 77 BVerfGG

im Bund-Länder-Streit, Art. 93 Abs. 1 Nr. 3 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 7, 68 BVerfGG

in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 8, 71 Nr. 1 BVerfGG

im Verfahren über die Verwirkung von Grundrechten, Art. 18 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 1, 36 BVerfGG

im Parteiverbotsverfahren, Art. 21 Abs. 2 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 2, 43 BVerfGG

V. Übungsfall Nr. 8

Übungsfall Nr. 8: „Der amtsmüde Minister“

Mit diesen Online-Kursen bereiten wir Dich erfolgreich auf Deine Prüfungen vor

Einzelkurse

€19,90

    Einzelthemen für Semesterklausuren & die Zwischenprüfung

  • Lernvideos & Webinar-Mitschnitte
  • Lerntexte & Foliensätze
  • Übungstrainer des jeweiligen Kurses inklusive
  • Trainiert Definitionen, Schemata & das Wissen einzelner Rechtsgebiete
  • Inhalte auch als PDF
  • Erfahrene Dozenten
  • 19,90 € (einmalig)
Jetzt entdecken!

Kurspakete

ab €17,90mtl.

    Gesamter Examensstoff in SR, ZR, Ör für das 1. & 2. Staatsexamen

  • Lernvideos & Webinar-Mitschnitte
  • Lerntexte & Foliensätze
  • Übungstrainer aller Einzelkurse mit über 3.000 Interaktive Übungen & Schemata & Übungsfällen
  • Integrierter Lernplan
  • Inhalte auch als PDF
  • Erfahrene Dozenten
  • ab 17,90 € (monatlich kündbar)
Jetzt entdecken!

Klausurenkurse

ab €29,90mtl.

    Klausurtraining für das 1. Staatsexamen in SR, ZR & ÖR mit Korrektur

  • Video-Besprechungen & Wiederholungsfragen
  • Musterlösungen
  • Perfekter Mix aus leichteren & schweren Klausuren
  • Klausurlösung & -Korrektur online einreichen und abrufen
  • Inhalte auch als PDF
  • Erfahrene Korrektoren
  • ab 29,90 € (monatlich kündbar)
Jetzt entdecken!

Übungstrainer

€9,90mtl.

    Übungsaufgaben & Schemata für die Wiederholung

  • In den Einzelkursen & Kurspaketen inklusive
  • Perfekt für unterwegs
  • Trainiert Definitionen, Schemata & das Wissen aller Rechtsgebiete
  • Über 3.000 Interaktive Übungen zur Wiederholung des materiellen Rechts im Schnelldurchlauf
  • 9,90 € (monatlich kündbar)
Jetzt entdecken!