Schuldrecht Besonderer Teil 2

Besondere Finanzierungshilfen und Ratenlieferungsverträge

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VI. Besondere Finanzierungshilfen und Ratenlieferungsverträge

1. Grundvoraussetzung der §§ 506 ff

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Den Finanzierungshilfen (§ 505)und Ratenlieferungsverträgen (§ 510) ist gemeinsam, dass an ihnen ein Unternehmer i.S.d. § 14 als Gläubiger eines Zahlungsanspruches und ein Verbraucher i.S.d. § 13 als Zahlungsschuldner beteiligt ist. Bis zu der in § 513 bestimmten Betragsgrenze finden die Vorschriften auch auf Verträge zwischen Unternehmern und Existenzgründern als Schuldner Anwendung.

Das Gesetz sperrt hier durch § 506 Abs. 4 S. 1 alle Sondervorschriften für die in § 491 Abs. 2 S. 2 Nr. 1–5 und Abs. 3 S. 2 und Abs. 4 genannten Vertragsfälle.

Gemeinsam sind auch die wichtigsten Schutzinstrumente zugunsten des Verbrauchers: eine besondere Form, die ihm das Risiko vor Augen führt und vor Übereilung schützt sowie ein Widerrufsrecht. Die Ausgestaltung des Verbraucherschutzes geschieht bei den Finanzierungshilfen in enger Anlehnung an die Vorschriften über das Verbraucherdarlehen durch eine (etwas unübersichtliche) Verweistechnik. Die Regelung der Ratenlieferungsverträge ist deutlich knapper und kommt nahezu ohne Verweise auf die §§ 491a ff. aus.

Die Anlehnung der Regeln über die Finanzierungshilfen in § 506 an das Verbraucherdarlehen liegt an der wirtschaftlichen Ähnlichkeit der Geschäfte. Ausgangspunkt und Motivation für eine Finanzierungshilfe besteht darin, dass der Verbraucher (z.B. Käufer) das vom anderen Teil (z.B. Verkäufer) geforderte Entgelt für eine Leistung nicht auf einmal bezahlen will oder kann. Der Unternehmer wird bei insgesamt günstiger Bonität des Verbrauchers das Geschäft und damit Umsatz machen wollen.

2. Entgeltliche Finanzierungshilfen i.S.d. § 506

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Allen Finanzierungshilfen i.S.d. § 506 ist gemeinsam, dass der Vertrag zwischen einem Unternehmer i.S.d. § 14 und einem Verbraucher i.S.d. § 13 oder Existenzgründers in den Fällen des § 513Bis zu einem Barzahlungspreis von 75 000 €, vgl. § 513. geschlossen wird, wobei die Fälligkeit der Zahlungspflicht nach hinten verschoben wird und der Verbraucher/Existenzgründer für diese Stundung ein zusätzliches Entgelt zu zahlen hat.Palandt-Weidenkaff Vorb v § 506 Rn. 3.

Ob die Fälligkeit tatsächlich nach hinten verschoben wird, ist durch einen Vergleich mit den Fälligkeitsregelungen der einschlägigen (abbedungenen) gesetzlichen Normen – im Zweifel § 271 Abs. 1 – zu entscheiden.Palandt-Weidenkaff § 506 Rn. 3.

a) Teilzahlungsgeschäft i.S.d. §§ 506 Abs. 3, 507 f.

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Den wichtigsten Fall der Finanzierungshilfe stellt das „Teilzahlungsgeschäft“ i.S.d. §§ 506 Abs. 3, 507 f. dar, insbesondere beim Kauf als Teilzahlungskauf. Hier vereinbart ein Unternehmer (z.B. als Verkäufer) mit einem Verbraucher oder Existenzgründer (z.B. als Käufer), dass der (Kauf-)Preis für eine vertraglich bestimmte (bewegliche) SacheEntgegen dem Wortlaut werden auch Gattungsschulden erfasst, MüKo-Schürnbrand § 499 a.F. Rn. 37. Grundstücke scheiden dagegen aus, da sie nicht „geliefert“ werden können, MüKo-Schürnbrand, a.a.O. nur in Teilzahlungen (Raten) geleistet werden muss. Gleichgestellt ist der Fall, dass der Preis insgesamt erst später gezahlt werden muss.Palandt-Weidenkaff § 506 Rn. 7; MüKo-Schürnbrand § 506 Rn. 37. Im Gegenzug lässt sich der Unternehmer dafür ein zusätzliches Entgelt (etwa in Form von Zinsen oder PauschalbeträgenEin pauschales Entgelt wird häufig als sog. „Bearbeitungsgebühr“ deklariert.) versprechen. Das Teilzahlungsgeschäft ist ein Unterfall des „entgeltlichen Zahlungsaufschubs“ i.S.d. § 506 Abs. 1 Var. 1.

Der Teilzahlungsvertrag i.S.d. § 506 Abs. 3 unterliegt grundsätzlich der Schriftform nach Maßgabe des § 506 Abs. 1 i.V.m. § 492 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 i.V.m. Art. 247 §§ 6–13 EGBGB.Ein Verstoß gegen den von § 501 auch in Bezug genommenen § 492 Abs. 3 hat auf die Wirksamkeit keinen Einfluss (Palandt-Weidenkaff § 492 Rn. 18). Eine unterlassene Aushändigung der Vertragserklärung hat jedoch Konsequenzen auf den Beginn der Widerrufsfrist, vgl. § 355 Abs. 3 S. 3.

Hinweis

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Beachten Sie bei der Verweistechnik des § 506 Abs. 1 dass § 492 Abs. 4, der beim Vertretergeschäft auch die Vollmacht der besonderen Form unterwirft, keine Anwendung findet. Hier bleibt es also bei der allgemeinen Regel des § 167 Abs. 2, nach der die Vollmacht nicht der Form des Vertretergeschäfts unterliegt.

Eine Ausnahme macht zunächst § 507 Abs. 1 S. 2 unter den dort genannten Voraussetzungen für den Vertragsschluss im Fernabsatz.

Außerdem nimmt § 506 Abs. 4 i.V.m. § 491 Abs. 2 und Abs. 3 bestimmte Verträge vom Anwendungsbereich der §§ 506 ff. und damit auch vom Formgebot aus. Wichtig ist insbesondere die Ausnahme für Bagatellgeschäfte mit einem Barzahlungspreis

Außerdem nimmt § 506 Abs. 4 i.V.m. § 491 Abs. 2 und Abs. 3 bestimmte Verträge vom Anwendungsbereich der §§ 506 ff. und damit auch vom Formgebot aus. Wichtig ist insbesondere die Ausnahme für Bagatellgeschäfte mit einem Barzahlungspreis„Barzahlungspreis“ ist der Preis, den der Kunde ohne Zahlungsaufschub normalerweise zu zahlen hätte: Palandt-Weidenkaff § 507 Rn. 9. von weniger als 200 € (§ 506 Abs. 4 i.V.m. § 491 Abs. 2 Nr. 1Mit „Nettodarlehensbetrag“ in § 492 Abs. 2 Nr. 1 ist der aufgeschobene Betrag gemeint, der bei sofortiger Barzahlung zu leisten wäre, § 506 Abs. 4 S. 2.) sowie die Fälle, in denen ein Zahlungsaufschub von weniger als drei Monaten gewährt wird und für den Kunden für den Zahlungsaufschub nur ein geringes Entgelt anfällt (§ 506 Abs. 4 i.V.m. § 491 Abs. 2 Nr. 3).   

501

Wird die in §§ 506 Abs. 1, 492 Abs. 1, Abs. 2 angeordnete Form nicht eingehalten, ist das Teilzahlungsgeschäft nach § 507 Abs. 2 S. 1 grundsätzlich nichtig. Eine Heilung sieht § 507 Abs. 2 S. 2 für den wichtigen Fall vor, dass dem Verbraucher (bzw. Existenzgründer) die Sache bereits übergeben wurde.

502

Bei Zahlungsverzug des Verbrauchers steht dem Unternehmer nach §§ 506 Abs. 1, 498 das Kündigungsrecht zu. Außerdem kommt ein Rücktrittsrecht aus § 323 oder vertraglicher Vereinbarung in Betracht. Der Unternehmer kann zwischen beiden Rechten wählen.Looschelders Schuldrecht BT Rn. 385.

Eine Besonderheit besteht auch für die Rücktrittserklärung. Nimmt der Unternehmer die Sache wieder an sich, wird damit nach § 508 S. 5 eine Rücktrittserklärung fingiert. Ansonsten würde dem Verbraucher der Gebrauch der Sache entzogen, ohne von seinen vertraglichen Pflichten befreit zu werden.

Im Falle des Rücktritts gelten die §§ 346 ff. mit den zusätzlichen Bestimmungen in § 508.   

503

Dem Verbraucher steht nach §§ 506 Abs. 1, 495 Abs. 1 ein Widerrufsrecht zu.

b) Entgeltliche Nutzungsverträge mit Abnahme- oder Ausgleichspflicht, § 506 Abs. 2

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Entgeltliche Nutzungsverträge zwischen einem Unternehmer und Verbraucher (Miete, Pacht, Leasing) gelten nach § 506 Abs. 2 S. 1 als entgeltliche Finanzierungshilfen, wenn vereinbart ist, dass

Nr. 1 der Verbraucher zum Erwerb Gegenstandes verpflichtet ist oder

Nr. 2 der Unternehmer vom Verbraucher den Erwerb des Gegenstandes verlangen kann oder

Nr. 3 der Verbraucher bei Beendigung des Vertrages für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat.

Erfasst sind etwa der Mietkauf und insbesondere das Finanzierungsleasing.

505

Die Merkmale des in § 506 Abs. 2 genannten Finanzierungsleasings kennen wir schon von unserem ersten Kapitel im Mietrecht. Wer sie vergessen hat, schlage jetzt noch einmal unter Rn. 14 nach.

506

Der Finanzierungsleasingvertrag zwischen einem Unternehmer als Leasinggeber und einem Verbraucher als Leasingnehmer unterliegt zusätzlich den in § 506 Abs. 1 genannten Regeln, weil zumindest eine der drei Varianten in der Praxis vorliegen wird.

Für ihn gelten also die von § 506 Abs. 1 in Bezug genommenen Regelungen der §§ 358–360 sowie die Vorschriften über das Verbraucherdarlehen in §§ 491a–502 mit Ausnahme des § 492 Abs. 4 (Vollmacht) und der Ausnahme des § 506 Abs. 2 S. 2 bei Restwertgarantievereinbarungen i.S.d. § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3.

Der Vertrag unterliegt also insbesondere der Schriftform nach Maßgabe der § 506 Abs. 1 i.V.m. § 492. Die Heilung richtet sich nach §§ 506 Abs. 1, 494. Dem Verbraucher steht ein Widerrufsrecht nach §§ 506 Abs. 1, 495 zu.

507

Bei Mängeln des Leasinggegenstandes kann beim Verbraucherleasing der Einwendungsdurchgriff aus § 506 Abs. 1 i.V.m. § 359 für eine Einrede des Verbrauchers gegenüber dem Leasinggeber helfen (siehe unter Rn. 485).Looschelders Schuldrecht BT Rn. 515.

Dies sehen wir uns jetzt noch einmal genauer an. Halten wir uns zunächst die typische Dreieckskonstellation beim Leasing vor Augen:

Hinweis

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Sehen Sie sich hierzu zunächst noch einmal die Übersicht unter Rn. 14 an.

Aus der leasingtypischen Abtretungskonstruktion unter gleichzeitigem Gewährleistungsausschluss folgt, dass dem Leasingnehmer die sich aus der Abtretung ergebenden Rechte des Leasinggebers gegen den Lieferanten zustehen und er im Übrigen keine eigenen Gewährleistungsansprüche gegen den Leasinggeber hat.

Eigentlich würde dies bedeuten, dass dem Leasingnehmer bei Mängeln des Leasinggegenstandes keine Rechte aus dem Leasingverhältnis gegen den Leasinggeber zustünden. Er hätte insbesondere trotz Mängeln erst einmal die vereinbarten Leasingraten weiterzuzahlen. Dieses Ergebnis wird ganz überwiegend als unrichtig empfunden. Folgende Lösungsansätze werden hierzu vertreten:

508

Bei einem Verbraucherleasingvertrag, der die Voraussetzungen des § 506 Abs. 2 erfüllt, gelten über § 506 Abs. 1 die dort in Bezug genommenen §§ 358–360 entsprechend. Dies ist nicht selbstverständlich, weil der Verbraucher ja nur einen Vertrag schließt, den Leasingvertrag. Der Kaufvertrag wird vom Leasinggeber geschlossen, nicht vom Verbraucher. Die Konstellation des § 358, wonach dem Verbraucher ein oder zwei Unternehmer als Partner verbundener Verträge gegenüberstehen, gibt es eigentlich nicht. Sie wird durch die von Anfang vereinbarte Abtretung der Gewährleistungsrechte aber im Ergebnis herbeigeführt. Im Übrigen liefe der Verweis in § 506 Abs. 1 für die Fälle des Abs. 2 leer.Wie vor.

Geprüft werden muss weiter, ob im konkreten Fall Leasingvertrag und Kaufvertrag über den Leasinggegenstand verbundene Verträge i.S.d. § 358 Abs. 3 darstellen. Liegen die Voraussetzungen – wie in der Praxis meistens - vor, führt ein Widerruf des Leasingvertrages nach §§ 506 Abs. 1, 495 Abs. 1 über §§ 506 Abs. 1, 358 Abs. 2 zu einem Widerruf auch des Kaufvertrages. Bei Mängeln hilft dem Verbraucher §§ 506 Abs. 1, 359 (siehe dazu oben unter Rn. 489). Diese Vorschrift gewährt dem Verbraucher – vorbehaltlich der Ausnahme in § 359 Abs. 1 S. 2 – eine Einrede wegen aller sich aus dem verbundenen Vertrag ergebenden Einwendungen und Einreden gegenüber dem Unternehmer. Bei Mängeln gilt dies allerdings nach § 359 Abs. 1 S. 3 erst, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ausgeschlossen ist.   

Liegen die Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts nicht vor oder sind die §§ 506 ff. insgesamt nicht anwendbar, weil der Leasingnehmer kein Verbraucher ist, ist die Ausgangslage wie folgt:

Solange der Leasingnehmer den Kaufvertrag wegen Mängeln nicht über die abgetretenen Rechte, nämlich den Rücktritt aus § 398 i.V.m. §§ 437 Nr. 2, 323 bzw. § 326 Abs. 5 oder über den Schadensersatz statt der ganzen Leistung aus § 398 i.V.m. §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 bzw. §§ 280 ff., wirksam in ein Rückgewährschuldverhältnis gewandelt hat, wirken sich die Mängel im Leasingverhältnis nicht aus. Der Leasinggeber schuldet ja nur die Überlassung des Leasinggegenstandes und nicht auch die Mängelfreiheit. Die Gewährleistung wurde ja (wirksam) ausgeschlossen.Zur Wirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses siehe oben unter Rn. 14. Erst wenn der Kaufvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde und die Leasingsache zurückzugeben ist, kann der Leasinggeber seine Überlassungspflicht nicht erfüllen. Dann müsste dem Leasingnehmer zunächst in jedem Fall ein Zurückbehaltungsrecht aus § 320 zustehen. Die h.M. verlangt für das Zurückbehaltungsrecht jedoch darüber hinaus, dass die Mängel und Wirksamkeit des Rücktritts nicht im Streit stehen oder der Leasingnehmer zumindest eine Klärung der Rechtslage durch Klageerhebung eingeleitet hat.BGH Urteil vom 16.6.2010 (Az.: VIII ZR 317/09) unter Tz. 21 ff. = NJW 2010, 2798, 2799 f. m.w.N.  

Zur Vertragsauflösung gelangt man nach h.M. über eine Rücktrittsmöglichkeit aus § 313 Abs. 3 S. 1.Looschelders Schuldrecht BT Rn. 516 m.w.N. Der Gedankengang ist folgendermaßen: Die Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen Mängeln führe beim Leasingvertrag zu einem rückwirkenden Wegfall der Geschäftsgrundlage.BGH a.a.O.; Looschelders a.a.O. Da wegen der nicht behobenen Mangelhaftigkeit eine Rückabwicklung nur für die Zukunft unbillig sei, soll die Rückabwicklung auch den vergangenen Zeitraum (in dem die Mangelhaftigkeit bereits bestand) erfassen. Dies lässt sich mit § 313 Abs. 3 aber eigentlich nicht erreichen. Denn bei einem Dauerschuldverhältnis wie dem Leasingvertrag stünde dem Leasingnehmer nach § 313 Abs. 3 S. 2 eigentlich nur eine in die Zukunft wirkende Kündigung zu. Deshalb gestattet man dem Leasingnehmer ausnahmsweise im Wege der teleologischen Reduktion des § 313 Abs. 3 S. 2, vom Vertrag zurückzutreten.BGH a.a.O.; Looschelders a.a.O.; a.A. Greiner NJW 2012, 961 ff., der methodisch eine ergänzende Vertragsauslegung im Leasingvertrag bevorzugt. Auf diese Weise wird berücksichtigt, dass die Sache bereits in der Vergangenheit mangelhaft war und nicht den Vorstellungen der Vertragspartner entsprach. 

Im Rahmen des durch den Rücktritt nach § 313 Abs. 3 S. 1 ausgelösten Rückgewährschuldverhältnis schuldet der Leasinggeber die Rückzahlung der Raten (§ 346 Abs. 1) und der Leasingnehmer Nutzungsersatz nach § 346 Abs. 2 Nr. 1.

c) Entgeltlicher Zahlungsaufschub (§ 506 Abs. 1 Var. 1)

509

Da das Teilzahlungsgeschäft gesondert in § 506 Abs. 3 erfasst wird, bleiben für den „sonstigen“ entgeltlichen Zahlungsaufschub i.S.d. § 506 Abs. 1 Var. 1 die Fälle, in denen der Unternehmer als Zahlungsgläubiger und der Verbraucher bzw. Existenzgründer erst nachträglich eine entgeltliche Stundungsabrede treffen.MüKo-Schürnbrand § 506 Rn. 6, 15.

510

Die Abrede über den Zahlungsaufschub unterliegt dann der Schriftform des § 506 Abs. 1 i.V.m. § 492 Abs. 1 bis 2. Im Übrigen gelten die Ausführungen oben unter Rn. 498 ff. zu Formverstößen, Heilung und Widerruf entsprechend. Bei Anwendung des Heilungstatbestandes in § 494 Abs. 2 über § 506 Abs. 1 auf den Zahlungsaufschub muss man das „Darlehen“ im Zahlungsaufschub sehen. Mit anderen Worten: Der Verbraucher empfängt den Zahlungsaufschub in dem Moment, wo er ohne Vereinbarung hätte leisten müssen. Im Fall der nachträglichen Stundung fallen dann Vereinbarung und Heilung ausnahmsweise zeitgleich zusammen, so dass die Stundungsvereinbarung nicht aus Formgründen nichtig sein kann.MüKo-Schürnbrand § 506 Rn. 29. Die Formverletzung behält aber ihre Bedeutung für einzelne Punkte, für die § 494 Abs. 2 S. 2, Abs. 3–6 eine gesetzliche Bestimmung anordnet.

3. Ratenlieferungsvertrag i.S.d. § 510

511

Der Ratenlieferungsvertrag wird in § 510 Abs. 1 S. 1 beschrieben, wobei drei Varianten denkbar sind. Allen Varianten ist gemeinsam, dass der Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (bzw. Existenzgründer, § 512) geschlossen wird und die Lieferung von Sachen zum Gegenstand hat. Eine analoge Anwendung auf andere Leistungsgegenstände scheidet mangels planwidriger Regelungslücke aus.BGH Urteil vom 13.3.2003 (Az.: I ZR 290/00) unter Ziff. II 2b bb = NJW 2003, 1932 f. zum Pay-TV-Vertrag.

512

In der ersten Variante (§ 510 Abs. 1 S. 1 Nr. 1) werden mehrere Sachen als zusammengehörende Gesamtheit verkauft. Allerdings sollen weder die Sachen noch das Entgelt auf einmal geleistet werden, sondern beide Leistungen in Raten. Es handelt sich um eine Form des Sukzessivlieferungsvertrages. Da keine der beiden Parteien vorleistet, liegt auch kein Teilzahlungsgeschäft i.S.d. §§ 506 Abs. 3, 507 f. vor.

Beispiel

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Verkauf eines Kommentars aus 10 Bänden, die zeitlich versetzt in Neuauflage erscheinen und vom Verkäufer gestaffelt in der Reihenfolge ihres Erscheinens nacheinander geliefert und vom Käufer nach Lieferung bezahlt werden sollen.

513

In der zweiten Variante (§ 510 Abs. 1 S. 1 Nr. 2) verpflichtet sich der Unternehmer zur regelmäßigen Lieferung von Sachen gleicher Art. Während die erste Variante ausdrücklich nur auf Kaufverträge anwendbar ist, kommen in der zweiten Variante sowohl Kauf- als auch Werklieferungsverträge in Betracht.Palandt-Weidenkaff § 510 Rn. 7. Der zweite Unterschied besteht darin, dass die zweite Variante keine Mengenfestlegung voraussetzt, sondern die Menge auch von der Vertragsdauer abhängen kann. Es muss lediglich feststehen, dass die Lieferung in einem regelmäßigen Turnus erfolgt („Abonnement“). Steht die Menge fest, handelt es sich um eine besondere Form des Sukzessivlieferungsvertrages. Ist die Gesamtmenge bei Vertragsschluss noch offen, handelt es sich um eine Form des Bezugsvertrages.

Beispiel

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Das Abonnement einer Zeitung/Zeitschrift ist ein typischer Fall des § 510 Abs. 1 S. 1 Nr. 2.

§ 510 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 soll aber nach wohl überwiegender Ansicht dann nicht anwendbar sein, wenn der Bezugszeitraum feststeht und der Preis im Voraus zu zahlen ist.BGH NJW-RR 1990, 562, 563 unter Ziff. II 4 (zum früheren Abzahlungsgesetz); MüKo-Schürnbrand § 510 Rn. 22; Palandt-Weidenkaff § 510 Rn. 3.

Beispiel

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Das „Probeabo“ einer Zeitung für einen Monat fällt nicht unter Nr. 2, wenn der Preis im Voraus zu zahlen ist und sich das Abonnement nicht automatisch verlängert. Da die einzelnen Ausgaben nicht funktionell zusammengehören, liegt auch kein Fall der Nr. 1 vor.

Zur Begründung wird angeführt, der Zweck des § 510 bestehe darin, den Zahlungsschuldner vor den Folgen eines unüberlegten und übereilten Vertragsabschlusses zu schützen und ihm die Möglichkeit zu geben, das Geschäft gegebenenfalls innerhalb einer bestimmten Frist zu widerrufen. Denn die Gefahr eines übereilten Vertragsschlusses besteht in den Fällen des § 510 typischerweise aufgrund einer unzureichenden Berücksichtigung der auf die ganze Vertragslaufzeit verteilten Zahlungspflichten. Die wirtschaftlichen Gesamtrisiken sind auf den ersten Blick nicht ohne weiteres erkennbar, da sie von der Gesamtdauer abhängen und die Teilzahlungen erst zur Gesamtleistung für die gesamte Mindestlaufzeit addiert werden müssen. Bei einer von vornherein feststehenden Einmalzahlung bedarf es eines besonderen Schutzes aber nicht, weil der Zahlungsschuldner seine Gesamtbelastung dann ohne weiteres erkennen kann.BGH a.a.O.; MüKo-Schürnbrand a.a.O.

514

In der dritten Variante (§ 510 Abs. 1 S. 1 Nr. 3) verpflichtet sich der Verbraucher zum wiederkehrenden Erwerb oder Bezug von Sachen. Erfasst werden Rahmenverträge, die dann nicht unter Nr. 2 fallen, wenn die zu erwerbenden Sachen auch verschiedener Art sein können oder wenn es keinen regelmäßigen Turnus gibt. Zwischen „regelmäßig“ und „wiederkehrend“ besteht ein begrifflicher Unterschied! Es handelt sich wie bei Nr. 2 – je nachdem, ob die Gesamtmenge festgelegt ist oder nicht – um eine Form des „Sukzessivlieferungs-“ oder „Bezugsvertrages“.

Beispiel

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Vertrag über den Erwerb von Waren aus dem Sortiment eines Händlers (z.B. „Buchclub“) mit vereinbarter Mindestbestellzahl pro Jahr. Da die Waren verschieden sein können und die Bestellungen nicht in regelmäßigen Abständen erfolgen müssen, liegt kein Fall der Nr. 2 vor.

515

Nach § 510 Abs. 2 S. 1 bedarf ein Ratenlieferungsvertrag zu seiner Wirksamkeit grundsätzlich der Schriftform. Dieses Formgebot unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von den Formvorschriften bei den Verträgen mit Finanzierungshilfe gem. § 492 Abs. 1–3 i.V.m. § 506 Abs. 1 bzw. § 501 S. 1: Der Vertragsschluss ist bei Ratenlieferungsverträgen auch in elektronischer Form möglich, da die allgemeinen Regeln nach §§ 126, 126a uneingeschränkt gelten. Es gibt außerdem keinen Pflichtinhalt der Vertragserklärungen.Vgl. demgegenüber § 492 Abs. 2. Ist der Vertrag nicht in der in § 510 Abs. 2 S. 1 vorgeschriebenen Form geschlossen worden, hat dies die Nichtigkeit des Vertrages nach § 125 S. 1 zur Folge.Palandt-Weidenkaff § 510 Rn. 7. Anders als in den Verträgen mit Finanzierungshilfe gibt es keine Heilungsmöglichkeit.Vgl. demgegenüber § 506 Abs. 1 i.V.m. § 494 Abs. 2 S. 1.

Der Vertrag bedarf keiner Schriftform, wenn dem Verbraucher die Möglichkeit verschafft wurde, die Vertragsbestimmungen, einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefähiger Form zu speichern (vgl. § 510 Abs. 1 S. 2).   

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