Sachenrecht 1

Schadensersatzansprüche im EBV, §§ 989–992 - Anspruch aus § 989

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II. Anspruch aus § 989

248

Prüfungsschema

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Wie prüft man: Schadensersatzanspruch aus § 989

I.

Anspruchsentstehung

 

 

1.

Vindikationslage zur Zeit des haftungsbegründenden Ereignisses

 

 

2.

Rechtshängigkeit der Vindikationsklage zur Zeit des haftungsbegründenden Ereignisses

 

 

3.

Verschlechterung/Untergang der Sache oder sonstige Herausgabeunmöglichkeit

 

 

4.

Verschulden des unrechtmäßigen Besitzers

 

 

 

 

Maßgeblicher Verschuldensmaßstab

Rn. 256

 

 

 

Haftungsmilderungen

Rn. 259

 

 

 

Haftungsverschärfungen

Rn. 260

 

5.

Schaden des Eigentümers

 

 

6.

Art und Umfang des Schadensersatzes, §§ 249 ff.

 

II.

Rechtsvernichtende Einwendungen

 

III.

Durchsetzbarkeit

 

1. Anspruchsentstehung

a) Vindikationslage zur Zeit des haftungsbegründenden Ereignisses

249

Zur Zeit des haftungsbegründenden Ereignisses muss zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer eine Vindikationslage bestanden haben. Es ist nicht erforderlich, dass sie im Zeitpunkt der Anspruchsgeltendmachung noch besteht. Insbesondere entfällt die Vindikationslage nachträglich im Falle der Zerstörung oder der Weiterveräußerung der Sache durch den Besitzer. Dies ändert aber selbstverständlich am Bestehen des Anspruchs nichts, sondern stellt gerade eine Möglichkeit seiner Entstehung dar.

Expertentipp

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Da das haftungsbegründende Ereignis selbst erst unter Punkt 3) und 4) des Schemas geprüft wird, stellen Sie an dieser Stelle zunächst nur dar, welches Ereignis (potentiell) den Anspruch ausgelöst haben könnte, und prüfen Sie, ob zu diesem Zeitpunkt eine Vindikationslage vorgelegen hat.

b) Rechtshängigkeit der Vindikationsklage zum Zeitpunkt des haftungsbegründenden Ereignisses

250

Expertentipp

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Merken Sie sich diese hinter der Regelung des § 989 stehende gesetzliche Wertung!

Wer vom Eigentümer auf Herausgabe der Sache aus § 985 verklagt wird, darf nicht mehr davon ausgehen, selber zum Besitz der Sache berechtigt zu sein. Er kann die Gründe in der ihm zugestellten Klageschrift nachlesen. Liest er die Klageschrift des Eigentümers nicht durch oder hält er die Klage für unbegründet, handelt er auf eigenes Risiko. Er ist jetzt nicht mehr schutzwürdiger als jeder andere, der mit der Sache in Berührung kommt und bei Beeinträchtigung des Eigentums nach den allgemeinen Regeln haftet. Deswegen lässt § 989 den durch den „Schutzschild“ des § 993 Abs. 1 a.E. gewährten Schutz des unberechtigten Besitzers entfallen, wenn dem Besitzer eine Klage des Eigentümers auf Herausgabe aus § 985 zugestellt wurde und der Herausgabeanspruch damit nach §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO „rechtshängig“ geworden ist.

251

Dieselbe Warnung ist mit der Klage aus § 894 auf Zustimmung zur Berichtigung der Eigentumsposition im Grundbuch verbunden, wenn sie gegen den unberechtigten Eigenbesitzer gerichtet ist, also gegen denjenigen, der fälschlicherweise im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist und sich selber für den Eigentümer hält (§ 872).

MüKo-Raff § 987 Rn. 7. Denn aus der Klagebegründung ergibt sich ebenfalls notwendigerweise, warum der Eigenbesitzer nach Ansicht des Klägers nicht der wahre Eigentümer ist. Anders verhält es sich in den (seltenen) Fällen, wenn der Besitzer selbst bei fehlendem Eigentum aus besonderen, insbesondere gesetzlichen Gründen zum Besitz berechtigt sein könnte. Denn ob auch diese Gründe kein Besitzrecht geben, ergibt sich aus einer Klage nach § 894 nicht.Urteil des BGH vom 11.3.2005 (AZ: V ZR 160/04) = NJW-RR 2005, 965 ff. zu einem Besitzrecht aus Art. 233 § 2a EGBGB in einer Restitutionssache in den neuen Bundesländern. Denn auf ein besonderes Besitzrecht des Buchberechtigten kommt es bei § 894 nicht an.

252

Nicht ausreichend ist zudem die Klage aus § 861 oder § 1007, da es dort auf das Eigentum des Anspruchsstellers nicht ankommt und dem beklagten Besitzer eine Vindikationslage nach §§ 985, 986 in der Klageschrift nicht vor Augen geführt wird.

Expertentipp

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Sie sehen, dass Sie mit der oben dargestellten Wertung (man kann aus der Klageschrift herauslesen, dass man nicht zum Besitz berechtigt ist) alle denkbaren Varianten in der Klausur zutreffend lösen können.

c) Verschlechterung/Untergang der Sache oder sonstige Herausgabeunmöglichkeit

253

Der Anspruch aus § 989 erfasst nicht sämtliche Fälle von Eigentumsverletzungen, sondern nur die Verschlechterung der Sache, deren Untergang oder die anderweitige Unmöglichkeit der Herausgabe.

Beispiel

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§ 989 ist z.B. einschlägig, wenn der unrechtmäßige Besitzer eines Autos dieses gegen einen Zaun (Verschlechterung) oder mit 100 km/h gegen eine Eiche fährt (Untergang) oder an einen Dritten weiter veräußert (anderweitige Unmöglichkeit der Herausgabe).

Die Unfähigkeit zur Herausgabe i.S.d. § 989 meint nicht Unmöglichkeit i.S.d. § 275 Abs. 1, sondern ist als jeder die Vindikation aus § 985 vereitelnder Besitzverlust des Anspruchsgegners zu verstehen.

MüKo-Raff § 989 Rn. 6. Es spielt also keine Rolle, ob der Anspruchsgegner sich den Besitz wieder beschaffen könnte oder nicht. Dies ist interessengerecht, da die Besitzaufgabe durch den Anspruchsgegner für den Eigentümer mit weiteren Gefahren verbunden ist, die sich außerhalb seiner Risikosphäre befinden und die der verklagte Besitzer hätte vermeiden können. Vor einer ungerechtfertigten Bevorzugung des Eigentümers schützt § 255.

Beispiel

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Dem E wurde seine wertvolle Uhr gestohlen, die anschließend der gutgläubige C vom Dieb D geliehen hat. Nach Zustellung der Herausgabeklage des E gegen C verlangt der D die Uhr von C zurück und spiegelt dem C vor, bei E handele es sich um einen bekannten Betrüger, von dem man sich nicht einschüchtern lassen dürfe. C glaubt dem D und gibt diesem die Uhr zurück. D verschwindet spurlos mit der Uhr.

E kann von C nach §§ 989, 251 Abs. 1 Wertersatz für die Uhr verlangen, da C seine eigene Herausgabe selbst zumindest fahrlässig vereitelt hat. Zwar war C auch dem D zur Herausgabe verpflichtet, nämlich aus § 604 Abs. 1. Diese Pflichtenkollision hätte C pflichtgemäß aber durch § 76 ZPO (bitte lesen) lösen müssen. Indem er den Angaben des D blind vertraute, ließ er die erforderliche Sorgfalt außer acht.

Aus § 255 folgt, dass bei der Schadensermittlung (Differenzhypothese) die Ansprüche des E gegen D wegen Eigentumsverletzung außer Betracht bleiben. Allerdings kann C gem. §§ 255, 273, 274 die Schadensersatzleistung davon abhängig machen, dass ihm der E Zug-um-Zug seine Ansprüche aus Eigentumsverletzung (§§ 989, 990, §§ 992, 823, 826, § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 2) abtritt. C kann dann aus abgetretenem Recht des E von D Herausgabe bzw. Schadensersatz verlangen.

254

In objektivem Sinne ist erforderlich, dass die genannten negativen Einwirkungen auf die Sache vom unrechtmäßigen Besitzer adäquat ursächlich herbeigeführt worden sind.

255

Nicht unter § 989 fällt die Vorenthaltung der Sache gegenüber dem Eigentümer, obwohl es sich auch dabei um eine Eigentumsverletzung handelt. Diese wird aber nicht als haftungsbegründendes Ereignis im Rahmen des § 989 aufgezählt (dazu sogleich mehr).

Beispiel

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Eigentümer E hat B mit Erfolg auf Herausgabe verklagt. Während der Zeit, in der B die Sache in Besitz hatte, hätte E sie anderweitig vermieten können. Der Mietausfallschaden wird dem E nicht nach § 989 ersetzt.

d) Verschulden des unrechtmäßigen Besitzers

256

Die negative Einwirkung auf die Sache muss vom Besitzer „verschuldet“ sein.

 

aa) Eigenverschulden

(1) Maßgeblicher Verschuldensmaßstab

257

Nach herrschender Meinung gilt im Rahmen des § 989 der allgemeine Verschuldensmaßstab der §§ 276 ff., da der Besitzer während einer bestehenden Vindikationslage als Schuldner (nämlich als Herausgabeschuldner) und damit im Rahmen eines gesetzlichen Schuldverhältnisses handelt.

Palandt-Herrler § 989 Rn. 4 m.w.N.

Beispiel

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Dem E wurde vom Dieb D seine wertvolle Uhr gestohlen, die anschließend der gutgläubige B vom D erworben hat. B lässt seinen Namen und sein Geburtsdatum eingravieren (in einer Weise, die noch keine eigentumsbegründende Verarbeitung i.S.d. § 950 darstellt!). Ein Schadensersatzanspruch wegen Verschlechterung aus § 989 auf Beseitigung der Gravur (§ 249 Abs. 1) bzw. Ersatz der dafür erforderlichen Kosten (§ 249 Abs. 2) scheidet aus, da B noch nicht auf Herausgabe verklagt worden war. Sonstige Schadensersatzansprüche scheitern an § 993 Abs. 1.

Wäre B hingegen vor Veranlassung der Gravur auf Herausgabe verklagt worden, musste er mit einer Verurteilung auf Herausgabe rechnen und konnte damit zumindest die Möglichkeit erkennen, mit der Gravur fremdes Eigentum zu verletzen. Er handelte dann zumindest fahrlässig i.S.d. § 276 Abs. 2, wenn er das Klageverfahren nicht abwartet, sondern ungefragt die Uhr des E bearbeiten lässt.

258

Wie das vorstehende Beispiel zeigt, reicht es für die Fahrlässigkeit des Besitzers bereits aus, wenn er in Kenntnis der Herausgabeklage des Eigentümers weiter auf die Sache einwirkt. Fraglich ist, ob auch eine nicht zwingend gebotene Benutzung der Sache ein Verschulden i.S.v. § 276 darstellt. Nach h.M. kann ein Verschulden i.S.d. § 989 bereits in einem nicht zur Erhaltung der Sache notwendigen Gebrauch der Sache gesehen werden, wenn hierdurch die Eigentumsverletzung – Verschlechterung, Untergang, Unmöglichkeit – adäquat verursacht worden ist.

Palandt-Herrler § 989 Rn. 5 m.w.N.

Beispiel

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Der unrechtmäßige Besitzer B ist vom Eigentümer E auf Herausgabe des gelieferten Autos verklagt worden. Dennoch benutzt B das Auto weiter. An dem Auto entsteht ein Schaden, weil ein anderer Verkehrsteilnehmer dem B grob verkehrswidrig die Vorfahrt nimmt. B hat sich entsprechend den Verkehrsregeln verhalten.

Nach h.M. hat B die Beschädigung dennoch i.S.v. § 989 „verschuldet“, weil allein schon die nicht zwingend gebotene Weiterbenutzung des Fahrzeugs das Risiko einer Beschädigung mit sich bringt. Dies führt auch nicht zu einer Zufallshaftung des Besitzers (diese sieht das Gesetz in §§ 990 Abs. 2, 287 S. 2 nur für den bösgläubigen Verzugsbesitzer vor). Der Verschuldensvorwurf bezieht sich hier darauf, dass der auf Herausgabe verklagte Besitzer die Sache ohne zwingenden Grund weiter benutzt, und dadurch unnötigerweise weiteren Gefahren ausgesetzt hat.

(2) Haftungsmilderungen

259

Ist der Eigentümer mit der Annahme der Sache im Gläubigerverzug, so haftet der Besitzer nach § 300 Abs. 1 aber nur noch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.

Beispiel

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Der unrechtmäßige Besitzer B ist vom Eigentümer E auf Herausgabe des gelieferten Autos verklagt worden. Dennoch benutzt B das Auto weiter. Da B aber befürchtet, dass E den Prozess gewinnt, setzt er sich mit E in Verbindung und bietet ihm die Rückgabe an, womit E einverstanden ist. Zum vereinbarten Rückgabetermin erscheint E nicht.

Auf dem Rückweg beachtet B leicht fahrlässig die Vorfahrt eines anderen Verkehrsteilnehmers nicht. An dem Auto des E entsteht ein erheblicher Schaden. Hierfür schuldet B dem E keinen Schadensersatz nach § 989, weil sich E nach §§ 293, 294 im Annahmeverzug befand und B ab diesem Zeitpunkt nach § 300 Abs. 1 nur noch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet.

(3) Haftungsverschärfungen?

260

Nach § 990 Abs. 2 bleibt eine weitergehende Haftung „des Besitzers“ wegen Schuldnerverzugs unberührt. Dies bedeutet, dass der Besitzer im Falle des Schuldnerverzugs nicht nur für Verschulden, sondern nach § 287 S. 2 auch für Zufall, sowie nach §§ 280 Abs. 1, 2, 286 auch für den Vorenthaltungsschaden

Urteil des BGH vom 19.9.2003 (AZ: V ZR 360/02) = NJW 2003, 3621. haftet.

Hinweis

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Aus der systematischen Stellung des § 990 Abs. 2 ergibt sich aber, dass die Vorschrift nur für den bösgläubigen, nicht aber für den auf Herausgabe verklagten Besitzer gilt!

BGH NJW 1993, 389, 392. Die Herausgabeklage allein macht den Besitzer noch nicht bösgläubig.BGH NJW 1993, 389, 392.

bb) Zurechenbares Fremdverschulden

261

Hat der Besitzer Hilfspersonen eingeschaltet, kommt eine Zurechnung des Verschuldens dieser Personen gem. § 278 in Betracht. Bedenken hiergegen bestehen, weil § 278 eine bereits bestehende schuldrechtliche Sonderverbindung der Parteien im Zeitpunkt des schuldhaften Verhaltens voraussetzt (vgl. Wortlaut des § 278 „Der Schuldner . . .“) und ein Nichtbesitzer sich über § 831 Abs. 1 S. 2 entlasten könnte, während dies dem unrechtmäßigen Besitzer bei Anwendung des § 278 nicht möglich ist.

Nach h.M. ist aber § 278 anwendbar, weil durch die Vindikationslage eine Sonderverbindung zwischen Eigentümer und Besitzer begründet wird, wonach der Besitzer dem Eigentümer die Herausgabe der Sache schuldet. Die im Vergleich zu § 831 strengere Haftung des Besitzers im Rahmen der durch §§ 985, 986 begründeten Sonderverbindung entspricht einer Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers.

MüKo-Raff § 989 Rn. 11 m.w.N.; zweifelnd Baur/Stürner Sachenrecht § 5 II 1c bb, a.E. Das Verschulden von Erfüllungsgehilfen wird dem Besitzer somit nach § 278 – ohne Exkulpationsmöglichkeit – zugerechnet.

e) Schaden des Eigentümers

262

Dem Eigentümer muss weiterhin ein Schaden i.S.d. §§ 249 ff. entstanden sein.

aa) Ersatzfähige Schäden

263

„Haftungsbegründendes“ Ereignis i.S.d. § 249 ist die Verschlechterung, der Untergang oder der Grund, der die Vindikation beim Anspruchsgegner vereitelt hat. Darauf ist bei der Schadensermittlung nach der Differenzhypothese abzustellen.

Beispiel

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Dem E wurde seine wertvolle Uhr gestohlen, die der Dieb D anschließend an den gutgläubigen B veräußerte. E verklagt den B auf Herausgabe der Uhr. Trotz Zustellung der Klageschrift meint B, der E habe sich bestimmt geirrt und D werde die Sache zu seinen Gunsten aufklären. Er lässt deshalb seinen Namen und sein Geburtsdatum in die Uhr gravieren. Zum selben Zeitpunkt fragt der Sammler X den E nach der Uhr (Wert: 10 000 €), weil er sie ihm für 15 000 € abkaufen wolle. Nachdem E dem X mitteilt, er klage gerade auf Herausgabe eben dieser Uhr, springt X ab und besorgt sich die gleiche Uhr woanders.

Nach § 989 kann E von B aus den bereits oben genannten Gründen aus §§ 989, 249 Abs. 1 die Entfernung der Gravur bzw. nach § 249 Abs. 2 die dafür erforderlichen Kosten verlangen. Anders verhält es sich beim entgangenen Gewinn in Höhe von 5000 € aus dem geplatzten Geschäft mit X:

Hätte B die Gravur und damit die „Verschlechterung“ der Sache nicht vorgenommen, hätte er sie später eben unversehrt zurückgegeben. Aber dann wäre X ebenfalls bereits abgesprungen, so dass insoweit zwischen hypothetischer Lage und realer Lage kein Unterscheid besteht. Damit liegt insoweit kein nach § 989 ersatzfähiger Schaden vor.

Der Schaden in Form des entgangenen Gewinns wurde im Beispiel dadurch verursacht, dass B die Uhr nicht sofort herausgegeben hat. Die bloße Nichtherausgabe (= Vorenthaltung) der Sache ist aber in § 989 nicht als haftungsbegründendes Ereignis aufgeführt.

264

Eine Haftung wegen verzögerter Herausgabe kann sich aus anderen Ansprüchen (z.B. §§ 687 Abs. 2, 678) ergeben. Eine Haftung aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 wegen Herausgabeverzuges kommt aber nur unter den Voraussetzungen des § 990 in Betracht, wie sich aus § 990 Abs. 2 ergibt.

BGH NJW 1993, 389, 392 unter Ziff. III. 2a bb. Der Vorenthaltungsschaden kann auch im Falle deliktischen Besitzes (dazu sogleich mehr) unter den Voraussetzungen der §§ 992, 823 ersetzt werden, da die Besitzvorenthaltung eine Eigentumsverletzung i.S.v. § 823 Abs. 1 darstellt.

Das bedeutet indes nicht, dass entgangener Gewinn keinesfalls gem. § 989 zu ersetzen ist: Beruht diese Schadensposition auf dem Untergang oder Verlust der Sache, ist sie zu ersetzen.

Raff a.a.O.

Beispiel

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Fortsetzung von eben:

Nach Rechtshängigkeit veräußert B die Uhr an den Y, der später nicht mehr zu ermitteln ist. Bei E meldet sich nun der Z, der die Uhr gerne für 15 000 € haben will und auch bereit ist, den Prozess gegen B abzuwarten.

Hier kann E auch den entgangenen Gewinn in Höhe von € 5000 € aus § 989 ersetzt verlangen, da er den Gewinn realisiert hätte, wenn B die Uhr spätestens nach Abschluss des Prozesses herausgegeben hätte. Dies ist ihm nun aber nicht mehr möglich, so dass der Schaden auf der Veräußerung an den Y und damit auf dem in § 989 aufgeführten Grund beruht, der ihn zur Herausgabe außerstande setzt.

bb) Art und Umfang des Schadensersatzes

265

Art und Umfang des Schadensersatzes richten sich nach den allgemeinen Regeln der §§ 249 ff. Deswegen schuldet der Anspruchsgegner nach § 249 Abs. 1 zunächst die Herstellung der hypothetischen Lage in Natur (Naturalrestitution).

Lorenz NJW 1994, 173 unter Ziff. II: „Der Schuldner hat im Wege des Schadensersatzes alles ihm Mögliche zu tun, damit der Gläubiger seine Sache wiedererlangt.“ Solange diese nicht aus Gründen des § 275 ausgeschlossen ist, kann der Eigentümer bis zur Grenze des § 251 Abs. 2 wahlweise auch die Zahlung des zur Herstellung erforderlichen Geldbetrages verlangen (§ 249 Abs. 2). Ist die Naturalrestitution nach § 275 Abs. 1 oder wegen Verweigerung des Schädigers aus Gründen des § 251 Abs. 2 ausgeschlossen, ist Wertersatz durch Ausgleich des wirtschaftlichen Wertverlustes nach § 251 Abs. 1 zu leisten. Nach wohl h.M. stellt auch die Lieferung einer gleichartigen und gleichwertigen Ersatzsache eine Form der Naturalrestitution dar, so dass ein Ausschluss der Naturalrestitution und der Weg über § 251 Abs. 1 erst in Betracht kommt, wenn auch dieser Weg dem Schädiger unmöglich oder nach § 251 Abs. 2 unzumutbar ist.Palandt-Herrler § 989 Rn. 5; MüKo-Raff § 989 Rn. 13 m.w.N.

Beispiel

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Dem E wird ein Ölgemälde gestohlen, dass der ahnungslose B vom Dieb erwirbt. Nach Rechtshängigkeit der Herausgabeklage beschädigt B das Gemälde infolge eigener Fahrlässigkeit beim Abhängen. Das Gemälde hatte einen Wert von 12 000 €. Mit der „Macke“ ist es nur noch für 9000 € verkäuflich. Die Kosten einer Restauration betragen 12 000 €.

B schuldet nach §§ 989, 249 Abs. 1 die Reparatur des Gemäldes auf eigene Kosten, da eine Unzumutbarkeit i.S.d. § 251 Abs. 2 regelmäßig erst angenommen wird, wenn die Herstellungskosten 30 % des Zeitwertes (vor Schädigung!) übersteigen. Hier decken sie sich jedoch mit dem Zeitwert. Wahlweise kann E eine Zahlung der Herstellungskosten in Höhe von 12 000 € verlangen. Den Umsatzsteueranteil des Restaurators kann E nach § 249 Abs. 2 S. 2 aber nur verlangen, wenn E die Restauration auch tatsächlich durchführen lässt, wozu er aber nicht verpflichtet ist. Wäre eine Restauration nicht möglich (selten) oder mit Kosten in Höhe von über 16 000 € verbunden, könnte B den E nach § 251 Abs. 1, Abs. 2 auf eine Entschädigung in Höhe des bloßen Wertverlustes in Höhe von 3000 € verweisen. Eine Naturalrestitution durch Lieferung eines anderen Gemäldes kommt bei Kunstwerken mangels Austauschbarkeit regelmäßig nicht in Betracht.

Denkbar allenfalls bei Serienwerken (z.B. Lithographien eines Künstlers mit einer Auflage von mehreren Stücken).

Beispiel

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Dem Händler E werden CDs im Verkaufswert von 3000 € (Einkaufspreis: 2000 €) gestohlen, die der ahnungslose B vom Dieb erwirbt. Nach Rechtshängigkeit der Herausgabeklage des E veräußert der B die CDs an den ahnungslosen X.

Nach §§ 989, 249 Abs. 1 kann E von B Wiederbeschaffung der CDs verlangen. Dieser Anspruch entfällt erst, wenn X nicht mehr zur Herausgabe bereit ist. Nach wohl h.M. stellt auch die Lieferung einer gleichwertigen Ersatzsache eine Form der Naturalrestitution dar, so dass E sogar die Lieferung gleichartiger CDs verlangen kann. Solange dies möglich und dem B nicht nach § 251 Abs. 2 unzumutbar ist, scheidet eine Entschädigung nach § 251 Abs. 1 aus. Alternativ kann E entsprechend § 249 Abs. 2 Zahlung der Wiederbeschaffungskosten in Höhe von 2000 € verlangen, da die Sachentziehung wertungsmäßig der Beschädigung gleichgestellt werden muss, um eine Ungleichbehandlung der verschiedenen Schädigungen des Eigentums zu vermeiden.

Palandt-Grüneberg § 249 Rn. 15 a.E. Der aus den CDs erzielbare Gewinn in Höhe von 1000 € ist hingegen noch nicht endgültig entfallen, sondern kann bei Verwendung neuer CDs noch erzielt werden. Um eine ungerechtfertigte Gewinnverdoppelung zu vermeiden, kann wegen des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots diese Position nicht erstattet verlangt werden.

B kann von seinem Zurückbehaltungsrecht aus §§ 255, 273 Gebrauch machen und den Schadensersatz von der Zug-um-Zug erfolgenden Abtretung der Ansprüche des E gegen den D aus Eigentum (§§ 989, 990, 823, 812 Abs. 1 S. 1 Var. 2) abhängig machen (Ansprüche gegen den gutgläubigen X bestehen nur aus § 985, der aber nicht isoliert abgetreten werden kann!).

2. Rechtsvernichtende Einwendungen/Durchsetzbarkeit

266

Hierfür gelten die gleichen Grundsätze, wie für die bereits besprochenen Anspruchsgrundlagen zum Nutzungsersatz (siehe unter Rn. 206).

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