Handels- und Gesellschaftsrecht

Das Kaufmännische Bestätigungsschreiben

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III. Das Kaufmännische Bestätigungsschreiben

1. Begriff

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Der bedeutendste und bekannteste Handelsbrauch ist das kaufmännische Bestätigungsschreiben nach Vertragsverhandlungen, vor allem wenn diese mündlich stattfanden oder aus einem umfangreichen Schriftwechsel bestanden, wenn die eine Vertragspartei der anderen ein Bestätigungsschreiben übermittelt, welches den Vertragsinhalt zusammenfasst.

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Schweigen gilt im Rechtsverkehr grundsätzlich nicht als Willenserklärung.Siehe dazu im Skript „BGB Allgemeiner Teil I“ unter Rn. 204. Etwas anderes kann sich durch ein Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben ergeben. Dabei handelt es sich um ein Schreiben, in dem die Bedingungen eines bereits ausgehandelten Vertrages noch einmal schriftlich fixiert werden. Der Vertrag gilt mit dem Inhalt des Bestätigungsschreibens als abgeschlossen, wenn der Geschäftspartner, der ebenfalls Kaufmann sein muss, nicht unverzüglich widerspricht. Dies gilt auch dann, wenn das Bestätigungsschreiben einen anderen Inhalt hat als den, der objektiv vertraglich vereinbart wurde, es sei denn, es handelt sich um eine bewusste Fälschung.

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Abzugrenzen davon ist die Auftragsbestätigung, die die Annahme eines Angebotes enthält. Daher unterscheiden sich auch die Rechtsfolgen erheblich. Weicht die Auftragsbestätigung vom Angebot ab, so gilt die Auftragsbestätigung gem. § 150 Abs. 2 BGB als Ablehnung des Antrags und als neues Angebot, anders dagegen beim kaufmännischen Bestätigungsschreiben.

 

2. Voraussetzungen und Rechtsfolge

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Prüfungsschema

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Wie prüft man: Voraussetzungen für Rechtsfolgen bei Schweigen auf KBS

I.

Kaufmannseigenschaft oder Kaufmannsähnlichkeit von Absender und Empfänger

II.

Der Versendung unmittelbar vorausgegangene Vertragsverhandlungen

III.

Zugang des Schreibens beim Empfänger

IV.

Schweigen des Empfängers

V.

Genehmigungsfähigkeit des Inhalts

VI.

Redlichkeit des Absenders

Absender und Empfänger des Schreibens müssen Kaufleute sein oder ähnlich einem Kaufmann am Geschäftsleben teilnehmen.

Es müssen bereits Verhandlungen stattgefunden haben. Diese müssen – zumindest aus Sicht des Bestätigenden – bereits zu einem vermeintlichen Vertragsschluss geführt haben. Der Absender des kaufmännischen Bestätigungsschreibens will die geschlossene Vereinbarung nur noch schriftlich fixieren, um für den Fall einer späteren Auseinandersetzung ein geeignetes Beweismittel in Händen zu halten. Daher sind die Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben bei einem schriftlichen Vertragsschluss nicht anwendbar, da dann kein Klarstellungsbedürfnis besteht.

Außerdem muss in zeitlicher Nähe zu den Verhandlungen das Bestätigungsschreiben zugegangen sein. Es muss erkennbar dazu bestimmt sein, einen Vertragsabschluss und seinen Inhalt verbindlich festzulegen. Die Beweislast für den Zugang trägt der Absender.

Der Empfänger muss dem kaufmännischen Bestätigungsschreiben unverzüglich im Sinne des § 121 Abs. 1 S. 1 BGB widersprechen, wenn er dessen Wirkung verhindern will. Ab welchem Zeitpunkt schuldhaftes Zögern vorliegt, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls, insbesondere vom Prüfungsaufwand ab. Jedenfalls muss der Widerspruch regelmäßig innerhalb einer Woche erfolgen.

Rechtsfolge des unwidersprochen gebliebenen kaufmännischen Bestätigungsschreibens ist, dass der Vertrag mit dem Inhalt des Schreibens zustande kommt. War im Rahmen der Verhandlungen entgegen der Annahme des Absenders des kaufmännischen Bestätigungsschreibens noch kein Vertrag zustandegekommen, so entsteht dieser durch das kaufmännische Bestätigungsschreiben. Das kaufmännische Bestätigungsschreiben wirkt mithin konstitutiv für den Vertragsschluss. War bereits ein Vertrag geschlossen worden, so ist die Wirkung hinsichtlich des Vertragsschlusses lediglich deklaratorisch. Allerdings werden auch in diesem Fall etwaige Abweichungen aus dem kaufmännischen Bestätigungsschreiben Bestandteil des bereits vorher geschlossenen Vertrags.

Die Wirkung des kaufmännischen Bestätigungsschreiben tritt nicht ein, wenn sich der Inhalt des kaufmännischen Bestätigungsschreibens so weit von dem Verhandlungsergebnis entfernt, dass der Bestätigende verständigerweise nicht mit dem Einverständnis des anderen rechnen konnte. Wann dies vorliegt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beantworten.

Die Wirkungen eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens treten außerdem nicht ein, wenn der Absender nicht schutzwürdig ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Absender das Schreiben bewusst unrichtig formuliert, weil er hofft, die vorgenommene Änderung werde übersehen, also im Fall der Arglist.

3. Funktionen

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Das kaufmännische Bestätigungsschreiben hat die folgenden Funktionen:

a) Beweisfunktion

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Zunächst soll das Bestätigungsschreiben den Vertragsinhalt beweiskräftig festhalten. Es dient damit der Rechtssicherheit, indem es Irrtümer oder Missverständnisse ausräumt und Zweifel über den Vertragsinhalt beseitigt.

b) Modifikationsfunktion

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Das Schreiben hat darüber hinaus eine konstitutive, rechtsgeschäftliche Wirkung, indem es vorbehaltlich der Fälle von Arglist und wesentlicher Abweichungen zu Änderungen des Verhandlungsergebnisses führt.

Gerechtfertigt wird dies einerseits mit einem Handelsbrauch, dem zufolge Präzisierungen, Modifikationen, Ergänzungen nachträglich noch eingeführt werden dürfen, wenn die Empfängerpartei nicht unverzüglich widerspricht, andererseits mit dem Argument der Rechtssicherheit durch das Bestätigungsschreiben spätere Auseinandersetzungen und Beweiserhebungen über den tatsächlichen Inhalt der Absprachen zu vermeiden.

Lediglich zwei Einschränkungen gelten hier, nämlich


dass der Absender des Bestätigungsschreibens nicht arglistig handeln darf und

dass das Schreiben sich von dem vorher Abgesprochenen inhaltlich nicht so weit entfernen darf, dass der Absender selbst mit der Billigung der Abweichung durch den Empfänger vernünftigerweise nicht mehr rechnen kann.

Unterhalb der Grenzen der Arglist des Absenders und der groben inhaltlichen Abweichung wird noch in zweifacher Hinsicht weiter unterschieden:

Vertragsergänzungen, also Änderungen über den bisherigen Vertragsinhalt hinaus, sind nur ausnahmsweise zulässig. Änderungen sind nur ausnahmsweise wirksam, wenn sich dem Empfänger der Eindruck aufdrängen musste, dass der Bestätigende den Inhalt der vorher getroffenen Absprachen nicht verfälscht, sondern missverstanden hat.

Beispiel

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Der Käufer schreibt im Bestätigungsschreiben 5% Skonto, branchenüblich ist ein Skonto von 4%. Ist die Höhe des Skontos bei den Verhandlungen offen geblieben, kann der Käufer, wenn der Verkäufer dem Bestätigungsschreiben nicht widersprochen hat, 5% Skonto abziehen. Hatte hingegen der Verkäufer ausdrücklich jegliches Skonto abgelehnt, führt die widerspruchslose Hinnahme zu keiner Änderung.

Ist das Bestätigungsschreiben lückenhaft, erschöpft sich seine Reichweite im Inhalt, das Verhandelte im Übrigen bleibt unberührt.

c) Abschlussfunktion

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Sind die Vertragsverhandlungen nicht bis zu einem rechtsverbindlichen Abschluss gelangt, kann das Bestätigungsschreiben als Annahmeerklärung den Vertrag zustande bringen. Fehlt es an einer Übereinstimmung mit dem Angebot, ist die Bestätigung modifizierte Annahme im Sinne von § 150 Abs. 2 BGB und damit neues Angebot, das seinerseits der Annahme bedarf.

Für die Abschlussfunktion gilt, dass es systematisch sinnlos wäre, Auseinandersetzungen über den genauen Inhalt einer Vereinbarung abzuschneiden, solche über deren Zustandekommen bzw. über den genauen Inhalt eines Vertragsangebots aber uneingeschränkt zuzulassen. Daher gilt § 150 Abs. 2 BGB auch für die Abschlussfiktion so, dass wesentliche Abweichungen nicht Vertragsinhalt werden können, unwesentliche hingegen der Fiktion unterliegen.

d) Anfechtbarkeit

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Konsequenterweise kann ein Inhaltsirrtum nicht zur Anfechtung berechtigen. Denn beim Bestätigungsschreiben steht, anders als bei § 362 HGB, nicht der Abschluss, sondern der Inhalt im Vordergrund.

e) Geltung im nichtkaufmännischen Verkehr

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Auch ein Nichtkaufmann kann einen Kaufmann durch ein Bestätigungsschreiben binden, nicht aber ein Kaufmann einen Nichtkaufmann durch ein Bestätigungsschreiben. Es bleibt für den nichtkaufmännischen Verkehr beim Grundsatz, dass Schweigen keine Rechtswirkungen hat.

f) Sich kreuzende Bestätigungsschreiben

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Ein Sonderfall ist derjenige, in dem beide Seiten Bestätigungsschreiben unterschiedlichen Inhalts fertigen. Dann ist keines von beiden maßgeblich, und zwar gleichgültig, ob diese Schreiben sich im eigentlichen Sinne kreuzen oder ob das zweite in Erwiderung auf das erste abgesandt wird. Denn auch im letztgenannten Fall begründet die schweigende Hinnahme kein schutzwürdiges Vertrauen.

Maßgeblich ist also nicht das letzte Wort, denn nach seinem Sinn und Zweck will es einen Wettlauf der Schreiben gerade vermeiden. Es kann daher auch nicht auf den jeweiligen Zeitpunkt des Zugangs ankommen.

Vielmehr hebt sich die Wirkung der Schreiben gegenseitig auf. Ein jeweils gesonderter Widerspruch ist entbehrlich.

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