Handels- und Gesellschaftsrecht

Die Aktiengesellschaft - Entstehung

c) Entstehung

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Die Aktiengesellschaft entsteht entweder durch Umwandlung eines Unternehmens anderer Rechtsform in eine AG oder durch Neugründung. Die Neugründung vollzieht sich in den drei Stadien

Vorgründungsgesellschaft,

Vorgesellschaft und

Eintragung der AG im Handelsregister.

aa) Die Vorgründungsgesellschaft

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Sind sich die Gründer einig, eine AG errichten zu wollen, entsteht die Vorgründungsgesellschaft. Diese ist entweder GbR oder oHG, wenn sie ein Handelsgewerbe betreibt, mit dem alleinigen Zweck, eine AG zu errichten. Sie endet durch Zweckerreichung mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages der AG, der Satzung. Dieser muss seinem Inhalt nach dem Katalog des § 23 AktG genügen und bedarf der notariellen Beurkundung.

(1) Satzung und Gründungsprotokoll

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Satzung meint Gründungsprotokoll (§ 23 Abs. 2 AktG) und Satzung im engeren Sinne (§ 23 Abs. 3 und 4 AktG). Dabei enthält das Gründungsprotokoll diejenigen Angaben, die nur im Rahmen der Gründung Bedeutung haben und für die AG nach der Gründung ohne Bedeutung sind.

§ 23 Abs. 2 AktG schreibt folgende Angaben für das Gründungsprotokoll vor:

Gründer,

Aktienübernahmen (§ 29 AktG),

eingezahlter Betrag.

Gründer sind diejenigen Aktionäre, die die Satzung feststellen und damit auch Aktien übernehmen.

Eine AG kann durch einen, dann Einmann-AG, oder mehrere Aktionäre gegründet werden (§ 2 AktG). Aktionär kann jede natürliche Person, jede Personengesellschaft und nahezu jede juristische Person sein, nur die zu gründende AG selbst kann nicht Gründer sein, da sie noch nicht das Stadium der Vor-AG erreicht hat.

Das Gesetz kennt Nennbetragsaktien und Stückaktien, die die Gründer nicht kombinieren dürfen. Bei Nennbetragsaktien sind der Nennbetrag, bei Stückaktien die Zahl der übernommenen Stückaktien und jeweils der Ausgabebetrag der Aktien je Gründer anzugeben.

Eingezahlter Betrag meint denjenigen Betrag, den die Gründer vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister zu leisten haben, wobei zu berücksichtigen ist, dass Einlagen vor Bestellung des Vorstands nicht mit befreiender Wirkung geleistet werden können. Die Kapitalrichtlinie stellt allerdings auf den eingezahlten Betrag des gezeichneten Kapitals im Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft ab.

(2) Zwingende Satzungsangaben

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§ 23 Abs. 3 und 4 AktG schreibt folgende Satzungsbestimmungen vor:

Firma und Sitz der Gesellschaft,

Unternehmensgegenstand,

Höhe des Grundkapitals,

Zerlegung des Grundkapitals, Aktiengattungen,

Benennung von Namens- oder Inhaberaktien,

Zahl der Vorstandsmitglieder,

Form der Bekanntmachung der AG.

§ 4 AktG schreibt die Bezeichnung „Aktiengesellschaft“ oder eine allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung vor.

Der Unternehmensgegenstand kennzeichnet die Art der Tätigkeit, welche die Gesellschaft betreibt, insbesondere die Mittel zur Erreichung des Gesellschaftszwecks. Demgegenüber bezeichnet der Gesellschaftszweck die Gewinnerzielung als Sinn des Zusammenschlusses. Die Angabe des Unternehmensgegenstands bindet den Vorstand bei seiner Geschäftsführung.

Das Grundkapital der AG muss auf einen Nennbetrag in Euro lauten und mindestens 50 000 € betragen (§ 6 AktG).

Ähnlich der Aktienübernahmen im Gründungsprotokoll ist auch in der Satzung anzugeben, ob das Grundkapital in Nennbetragsaktien oder in Stückaktien ausgegeben wird. Bei Nennbetragsaktien sind die Nennbeträge der Aktien sowie die Zahl der Aktien anzugeben, bei Stückaktien genügt die Angabe der Zahl. Eine Kombination von Nennbetrags- und Stückaktien ist nicht möglich.

Aktien verschiedener Gattungen, das sind Aktien mit gleichen Rechten, und die Zahl der Aktien je Gattung müssen angegeben werden, da Aktien verschiedene Rechte gewähren können, so etwa eine unterschiedliche Verteilung des Gewinns (§ 11 AktG).

Vor der Aktienrechtsnovelle 2016 konnten die Gründer sowohl Aktien auf den Inhaber als auch auf Namen vorsehen unabhängig davon, ob es sich bei ihnen um Nennbetrags- oder Stückaktien handelte, heute ist die Namensaktie die Standardverbriefung (§ 10 Abs. 1 S. 1 AktG). Inhaberaktien können nur noch ausgegeben werden von börsennotierten Gesellschaften oder nicht börsennotierten Gesellschaften, bei denen der Anspruch des Aktionärs auf Einzelverbriefung ausgeschlossen und die Sammelurkunde bei einer im Gesetz genannten Stelle hinterlegt ist (§ 10 Abs. 1 S. 2 AktG). Die Satzung muss festlegen, welche Art von Aktien die Gesellschaft gewählt hat (§ 23 Abs. 3 Nr. 5 AktG).

Die Inhaberaktie beurkundet einen bestimmten Betrag oder Bruchteil des Inhabers der Urkunde als Beteiligung an der AG. Die Bekundung ist deklaratorisch, da die Mitgliedschaft durch die Handelsregistereintragung und nicht durch die Wertpapierausstellung entsteht. Sie legitimiert ihren Besitzer als Inhaber des materiellen Mitgliedschaftsrechts (§§ 793 Abs. 1, 1006 Abs. 1 S. 1 BGB). Als Inhaberpapier ist ein gutgläubiger Erwerb nach Maßgabe der §§ 932 ff. BGB möglich.

Die Namensaktie nennt eine Person mit ihrem Namen als Beteiligte an der AG. Wertpapierrechtlich ist sie geborenes Orderpapier. Ihre Übertragung kann

durch Abtretung des verbrieften Rechts nach §§ 398 ff. BGB,

durch Indossament gemäß § 68 Abs. 1 S. 2 AktG i.V.m. Art. 13 Abs. 1 WechselG und Übergabe der Aktienurkunde nach §§ 929 ff. BGB, oder

nach den Regelungen des Depotgesetzes durch die Übersendung des Stückeverzeichnisses seitens des Einkaufskommissionärs (§ 18 Abs. 3 DepotG) oder durch den Erwerb von Miteigentum am Sammelbestand (§ 24 Abs. 2 DepotG) erfolgen.

erfolgen.

Sie ist besonders für die kleine AG geeignet, da ihre Übertragung an die Zustimmung der AG geknüpft sein kann, die so genannte vinkulierte Namensaktie (§ 68 AktG). Eine Vinkulierung ist bereits dann wirksam, wenn die Namensaktie noch nicht verbrieft ist und deshalb nur durch Abtretung nach §§ 398, 413 BGB übertragen werden kann.OLG Celle vom 24.11.2004 (Az: 9 U 119/04), unter Tz. 6 ff. = NZG 2005, 279.

Außerdem gestattet sie die Einladung von Aktionären mit eingeschriebenem Brief zu den Hauptversammlungen, wenn die Aktionäre bekannt sind, dabei genügt die Mitteilung an die im Aktienregister Eingetragenen (§ 121 Abs. 4 AktG).

Die Satzung muss neben der Zahl der Vorstandsmitglieder schließlich die Form der freiwilligen Bekanntmachungen beschreiben (§ 23 Abs. 4 AktG), wenn solche beabsichtigt sind. Pflichtbekanntmachungen der Gesellschaft im elektronischen Bundesanzeiger sind nicht gemeint. 

bb) Die Vorgesellschaft

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Der Ablauf der Gründung gestaltet sich sodann nach folgendem Ablauf:

Feststellung der Satzung durch notarielle Beurkundung;

Bestellung eines ersten Aufsichtsrats und eines Abschlussprüfers für das erste Geschäftsjahr (§ 30 AktG);

Bestellung des ersten Vorstands durch den Aufsichtsrat;

Einforderung der Einlagen durch den Vorstand (§§ 36, 36a AktG);

Erstellung eines Gründungsberichts nebst Gründungsprüfung;

Anmeldung zum Handelsregister und Eintragung.

Die Vor-Aktiengesellschaft oder Vor-AG entsteht mit der notariellen Beurkundung der Satzung (§ 23 Abs. 1 AktG) bis zur Eintragung als AG. Sie ist als Gesamthandsgesellschaft sui generis eigenständiger Rechtsträger und rechtsfähig. Sie ist aktiv und passiv parteifähig, insolvenzfähig, scheck- und wechselfähig, gründerfähig und grundbuchfähig. So erfolgt die Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung im Handelsregister im Namen der Vorgesellschaft, nicht im Namen der Gründer.BGH Beschluss vom 16.3.1992 (Az: II ZB 17/91), unter Tz. 5 = BGHZ 117, 323. Auf ihre Rechtsverhältnisse findet das Aktienrecht bereits insoweit Anwendung, als die jeweilige Bestimmung nicht bereits die Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister voraussetzt. 

Expertentipp

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Erinnern Sie sich? Ähnliches kennen Sie bereits von der GmbH. Das Aktiengesetz regelt das Innenverhältnis der Vorgesellschaft nur spärlich in §§ 30 Abs. 1, 4 AktG, 32 Abs. 1 AktG, 36 Abs. 1, 2 AktG, 36a AktG. Daher ist zu untersuchen, ob das Gründungsrecht der §§ 23–53 AktG eine ausdrückliche Bestimmung vorsieht. Ist dies nicht der Fall, kann die Satzung eine Regelung enthalten. Erst dann kommt die Anwendung der für die eingetragene Gesellschaft geltenden Bestimmungen in Betracht, soweit sie nicht bereits die Eintragung der Gesellschaft voraussetzen.

Ob die Gründer als Gesellschafter der Vor-Aktiengesellschaft haften, ist nicht abschließend geklärt. Der BGH lehnt wie bei der GmbH eine Außenhaftung der Gründer ab.BGH Urteil vom 27.1.1997 (Az: II ZR 123/94), unter Tz. 21 ff. = BGHZ 134, 333. Eine Haftung bestehe nur im Innenverhältnis der Gesellschaft gegenüber auf anteilige Verlustübernahme und erst dann, wenn das Scheitern der Eintragung feststehe.

Den für die Vor-Aktiengesellschaft Handelnden trifft indes die Handelndenhaftung nach Maßgabe des § 41 Abs. 1 S. 2 AktG.Ausführlich zu der Handelndenhaftung Beuthien GmbHR 2013, 1. Dies betrifft vor allem die Vorstandsmitglieder und die Aufsichtsratsmitglieder im Rahmen ihrer organschaftlichen Vertretungsmacht. Die Haftung erlischt mit der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister.

cc) Die Eintragung im Handelsregister

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Die AG als juristische Person entsteht erst mit Eintragung im Handelsregister (§ 41 Abs. 1 S. 1 AktG). Im Einzelnen ist umstritten, ob die Vorgesellschaft durch die Eintragung von einer Gesamthand zu einer juristischen Person wirdMünchKomm AktG-Pentz § 41 Rn. 106 f. oder ob es sich um einen Fall der Gesamtrechtsnachfolge handelt.Hüffer § 41 Rn. 16.

Zur Eintragung wird die Gesellschaft durch ihre Gründer und alle Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats beim Handelsregister angemeldet (§ 36 Abs. 1 AktG). Die Anmeldung muss enthalten die Firma, den Sitz, eine inländische Geschäftsanschrift, den Gegenstand, das Grundkapital, den Tag der Satzungsfeststellung und die Vorstandsmitglieder mitsamt ihrer Vertretungsbefugnis. Enthält die Satzung Bestimmungen über die Dauer der Gesellschaft oder über das genehmigte Kapital, so sind auch diese einzutragen (§ 39 AktG). Nicht eingetragen werden die Namen der Aufsichtsratsmitglieder.

Seit Einführung eines elektronischen Handelsregisters durch das EHUG (1.1.2007) sind die Anmeldungen zur Eintragung im Handelsregister elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzureichen, die Pflicht zur Zeichnung der Namensunterschrift ist entfallen.

Gemäß § 39 Abs. 1 S. 2 AktG kann die Gesellschaft freiwillig eine für Willenserklärungen und Zustellungen empfangsberechtigte Person mit einer inländischen Anschrift anmelden, um das Risiko der nun erleichtert möglichen öffentlichen Zustellungen auszuschließen. 

dd) Besonderheiten der Einpersonen-AG

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Auf die Einpersonen-Aktiengesellschaft finden dieselben Regelungen Anwendung wie auf eine mehrgliedrige AG. Eine Neuerung hat das MoMiG bei der Gründung eingeführt:

Die Gründung der Einpersonen-Aktiengesellschaft erfolgt wie bei der mehrgliedrigen Gesellschaft durch Feststellung der Satzung, durch die eine Einpersonen-Vor-Aktiengesellschaft entsteht. Bisher hatte der Gründer für den Teil der Geldeinlage, der den eingeforderten Betrag übersteigt, Sicherheit zu leisten (§ 36 Abs. 2 S. 2 AktG a.F.). Die Sicherheitsleistung ist entfallen, da sie die Gründung unnötig verkomplizierte.BR-Drucks. 354/07, S. 119.    

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