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Baurecht Nordrhein-Westfalen - Bauaufsichtliche Eingriffsverfügungen

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Baurecht Nordrhein-Westfalen

Bauaufsichtliche Eingriffsverfügungen

Inhaltsverzeichnis

A. Überblick

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Nachdem wir uns im vorangegangenen Teil des Skripts mit der Baugenehmigung als dem typischen Instrument präventiver Bauüberwachung beschäftigt haben, kommen wir nun zu den Maßnahmen repressiver Bauüberwachung. Solche Maßnahme kann die Bauaufsichtsbehörde erlassen, wenn eine Anlage unter Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften realisiert worden ist bzw. wird. Infolge der reduzierten Genehmigungspflichtigkeit baulicher Anlagen sind diese bauaufsichtlichen Eingriffsverfügungen praktisch relevant. Bei Ihrer Prüfungsvorbereitung sollten Sie diesem Themenkomplex entsprechende Aufmerksamkeit widmen!

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Es gibt folgende drei typische Maßnahmen repressiver Bauüberwachung, die auch „baupolizeiliche Standardmaßnahmen“ genannt werden:Vgl. Hellermann in: Dietlein/Hellermann Öffentliches Recht in Nordrhein-Westfalen § 4 Rn. 290.

441

Zur Veranschaulichung der Thematik vorab folgende Beispiele:

Beispiel

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R hat die Genehmigung zur Errichtung eines Fünffamilienhauses mit fünf Vollgeschossen in einem reinen Wohngebiet beantragt. Noch bevor die Behörde die Genehmigung erteilt, lässt R das von ihm beauftragte Bauunternehmen mit der Bauausführung beginnen.

Beispiel

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Wie Beispiel 1. Einige Wochen später erteilt die Bauaufsichtsbehörde dem R die beantragte Baugenehmigung. Nach Fertigstellung des fünfgeschossigen Wohnhauses muss R feststellen, dass die Wohneinheiten im vierten und fünften Obergeschoss keine Käufer finden. Daher baut er die beiden Geschosse kurzerhand um und richtet in den beiden Etagen insgesamt zehn Gästezimmer ein, die er an Fremde vermietet. Die Bauaufsichtsbehörde wird über den Umbau nicht informiert.

Beispiel

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Wie Beispiel 2. Die Geschäfte mit der Zimmervermietung laufen unerwartet gut. Daher beschließt R, sein Haus um eine weitere Etage aufzustocken und dort weitere fünf Gästezimmer zur Vermietung einzurichten. Um seine Pläne schnell in die Tat umsetzen zu können, sieht er davon ab, einen Bauantrag zu stellen, und lässt seinen Bauunternehmer die sechste Etage errichten.

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Eine Stilllegungsverfügung wird auch als sog. Baustopp bezeichnet. Sie ergeht, wenn die Behörde während der Realisierung einer Anlage feststellt, dass sie unter Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften ausgeführt wird. Mit dem Erlass einer Stilllegungsverfügung untersagt die Bauaufsichtsbehörde dem Bauherrn die weitere Realisierung seiner Anlage. Durch die rechtzeitige Stilllegung einer solchen Anlage wird verhindert, dass ein rechtswidriger Zustand entsteht bzw. dass sich ein solcher Zustand verfestigt, der später meistens nur noch unter erheblichen Schwierigkeiten beseitigt werden kann.Vgl. Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 856. – Eine Stilllegungsverfügung kommt in unserem Beispiel 1 oben (Rn. 441) in Betracht, weil R mit der Realisierung seiner Anlage beginnt, bevor er die Baugenehmigung erteilt bekommen hat.

Expertentipp

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Merken Sie sich: Ohne den Erlass einer Stilllegungsverfügung würden vollendete Tatsachen geschafft.

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Eine Nutzungsuntersagung ergeht, wenn eine Anlage unter Verstoß gegen die öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt wird. Mit der Nutzungsuntersagung verbietet die Bauaufsichtsbehörde die weitere baurechtswidrige Nutzung der Anlage und verfolgt damit den Zweck, einen baurechtmäßigen Zustand wiederherzustellen. – Eine Nutzungsuntersagung kommt in unserem Beispiel 2 oben (Rn. 441) in Betracht, weil R entgegen der Baugenehmigung eine Wohnung gewerblich nutzt.

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Eine Abrissverfügung ergeht herkömmlich, wenn eine Anlage unter Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften errichtet wurde. Mit der Abrissverfügung ordnet die Behörde die Beseitigung der Anlage an und verfolgt damit das Ziel, einen baurechtmäßigen Zustand wiederherzustellen. Eine Abrissverfügung stellt im Vergleich zur Stilllegungsverfügung und zur Nutzungsuntersagung die schwerwiegendere Maßnahme repressiver Bauüberwachung dar und kommt daher nur als ultima ratio in Betracht. – Eine Abrissverfügung kommt in unserem Beispiel 3 oben (Rn. 441) in Betracht, weil R entgegen der Baugenehmigung das Wohnhaus mit sechs Vollgeschossen errichtet hat.

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Neuerdings, nämlich seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung der Landesbauordnung 2018 vom 30.6.2021 am 2.7.2021 (Rn. 343), kann eine Abrissverfügung auch dann ergehen, soweit bauliche Anlagen nicht genutzt werden und im Verfall begriffen sind. Mit dieser neuen Handlungsoption wurde eine bisher bestehende Handlungslücke bei den möglichen bauaufsichtlichen Maßnahmen geschlossen. Diese Handlungslücke bestand darin, dass die Bauaufsichtsbehörden wegen des bestehenden Bestandsschutzes von baulichen Anlagen regelmäßig nur dann tätig werden konnten, wenn von der baulichen Anlage selbst eine Gefahr ausging (z.B. mangelnde Standsicherheit der Anlage, wodurch das Leben oder die Gesundheit von Menschen bedroht wurde). Ohne eine solche Gefahrenlage hatten die Bauaufsichtsbehörden demgegenüber im Regelfall keine Möglichkeit zum Einschreiten. Da von nicht genutzten und im Verfall begriffenen baulichen Anlagen bisweilen erhebliche optische Beeinträchtigungen des Landschafts- oder Ortsbilds ausgehen und solche Anlagen von der Öffentlichkeit nicht selten als Schandfleck empfunden werden, wurde für die Bauaufsichtsbehörden nun die Möglichkeit geschaffen, eine Beseitigung baulicher Anlagen zu verfügen, soweit diese nicht genutzt werden und im Verfall begriffen sind, und damit ein Defizit bei den bauaufsichtlichen Maßnahmen behoben.Vgl. zum Ganzen LT-Drs. 17/12033, S. 130.

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