Allgemeines Verwaltungsrecht - Beteiligte m Verwaltungsverfahren

ZU DEN KURSEN!

Allgemeines Verwaltungsrecht

Beteiligte m Verwaltungsverfahren

4. Beteiligte

159

Wer die Fähigkeit besitzt, als Beteiligter an einem Verwaltungsverfahren in Betracht zu kommen, ist in § 11 VwVfG geregelt (Rn. 160). Um in einem solchen Verfahren Handlungen vor- bzw. entgegennehmen zu können, müssen diese – abstrakt – Beteiligungsfähigen zudem noch gem. § 12 VwVfG handlungsfähig sein (Rn. 161). Die Frage, wer am konkreten Verwaltungsverfahren tatsächlich beteiligt ist, beantwortet § 13 VwVfG (Rn. 162).

Hinweis

Hier klicken zum Ausklappen

Die Beteiligteneigenschaft ist v.a. im Hinblick auf die im VwVfG enthaltenen Verfahrensrechte (v.a. Anhörung gem. § 28 Abs. 1 VwVfG; Rn. 182 ff.) von Bedeutung.

a) Beteiligungsfähigkeit

160

Die rechtliche Fähigkeit, überhaupt als Subjekt an einem Verfahren vor einer Behörde teilnehmen zu können (Beteiligungsfähigkeit), ist entsprechend der verwaltungsprozessualen Vorschrift des § 61 VwGO in § 11 VwVfG in Anknüpfung primär an die Rechtsfähigkeit geregelt (vgl. auch § 10 SGB X). Danach sind fähig, am Verwaltungsverfahren beteiligt zu sein:

Nr. 1: natürliche und juristische Personen, wobei Letztere sowohl solche des öffentlichen Rechts als auch des Privatrechts (z.B. AG, GmbH) sein können. Den (voll rechtsfähigen) juristischen Personen gleichzustellen sind solche Einrichtungen, denen durch Gesetz Teilrechtsfähigkeit eingeräumt wird, wie etwa der oHG (§ 124 Abs. 1 HGB), der KG (§§ 161 Abs. 2, 124 Abs. 1 HGB)

Nach a.A. folgt dieses Ergebnis aus § 11 Nr. 2 VwVfG und nicht aus § 11 Nr. 1 Alt. 2 VwVfG. Entsprechend wird in Bezug auf die BGB-Gesellschaft (§§ 705 ff. BGB) argumentiert, siehe das Beispiel in Rn. 285. und politischen Parteien (§ 3 S. 1 PartG)Anders als für deren einzelne Gebietsverbände (§ 3 S. 2 PartG) kann die Beteiligtenfähigkeit ihrer Kreis- und Ortsverbände nur aus § 11 Nr. 2 VwVfG folgen.. Hinsichtlich juristischer Personen des öffentlichen Rechts gilt nach § 11 Nr. 1 VwVfG das Rechtsträgerprinzip, d.h. der Bund, das einzelne Land, die einzelne Gemeinde oder sonstige Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist beteiligungsfähig, nicht dagegen ihr jeweiliges Organ. Nimmt eine natürliche Person als Organwalter die Rechte eines Organs wahr (Rn. 49), so folgt ihre Beteiligungsfähigkeit nach umstrittener AnsichtZum Meinungsstand siehe Kopp/Ramsauer VwVfG § 11 Rn. 4 m.w.N. nicht aus § 11 Nr. 1 VwVfG, sondern aus § 11 Nr. 2 VwVfG;

Nr. 2: Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann. Vereinigungen i.d.S. sind alle (öffentlich- oder privatrechtlichen) Personenmehrheiten, die nicht selbst rechtsfähig oder juristischen Personen zumindest gleichgestellt sind, denen aber als solchen (nicht hingegen: ihren Mitgliedern) materiell-rechtlich Rechte zustehen können. Umstritten ist, ob es insoweit auf das im konkreten Rechtsstreit in Frage stehende Recht ankommt oder ob es genügt, wenn der Vereinigung abstrakt irgendein Recht zustehen kann.

Ein Überblick zum Streitstand findet sich bei Kopp/Ramsauer VwVfG § 11 Rn. 11 m.w.N. Ob dieses Recht tatsächlich besteht, ist – ebenso wie bei § 42 Abs. 2 VwGO – erst im Zusammenhang mit der materiell-rechtlichen Prüfung zu untersuchen. Nur wenn das geltend gemachte Recht der Vereinigung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zustehen kann, ist ihre Beteiligungsfähigkeit zu verneinen. Aus § 11 Nr. 2 VwVfG folgt auch die Beteiligungsfähigkeit in Organ- bzw. Innenrechtsstreitigkeiten (z.B. Kommunalverfassungsstreit);

Nr. 3: Behörden (i.S.v. § 1 Abs. 4 VwVfG; Rn. 47), wobei die verfahrensleitende Behörde allerdings nicht zu den Beteiligten (mit entsprechenden Rechten) gehört (siehe § 13 VwVfG), ist sie doch vielmehr „Herrin des Verfahrens“. Die Behörden handeln nach § 11 Nr. 3 VwVfG in Verfahrensstandschaft für den Rechtsträger, dem sie angehören bzw. dem sie zuzurechnen sind. Ihre Verfahrenshandlungen wirken für und gegen den Rechtsträger, für den sie am Verfahren beteiligt sind.

b) Handlungsfähigkeit

161

Um im Verwaltungsverfahren selbst – aktiv – wirksame Verfahrenshandlungen vornehmen und seitens der Behörde erfolgende Verfahrenshandlungen – passiv – wirksam entgegennehmen zu können, muss der nach § 11 VwVfG Beteiligungsfähige (Rn. 160) handlungsfähig sein, siehe § 12 VwVfG (vgl. auch § 79 AO, § 11 SGB X). Ist er dies nicht, so bedarf er eines Vertreters, welcher wiederum streng vom Bevollmächtigten nach § 14 VwVfG (Rn. 165) zu unterscheiden ist.

Uneingeschränkt handlungsfähig sind nach dem gem. § 12 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG insoweit maßgebenden bürgerlichem Recht (§§ 2, 104 ff. BGB) voll geschäftsfähige natürliche Personen, sofern sie nicht unter Pflegschaft (§§ 1909 ff. BGB) stehen oder im Verfahren nach § 53 ZPO analog (§ 12 Abs. 3 VwVfG) durch einen dafür bestellten Pfleger vertreten werden (vgl. das Beispiel in Rn. 178). Allerdings kann auch ein an sich voll Geschäftsfähiger für bestimmte einzelne Verfahren handlungsunfähig sein, wenn ihm nämlich gerade in diesen die Fähigkeit für ein vernunftgetragenes Verhalten fehlt. Ist die natürliche Person dagegen nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist sie im Verwaltungsverfahren nur insoweit handlungsfähig, als sie für dessen Gegenstand durch Vorschriften des bürgerlichen Rechts (z.B. §§ 112 f. BGB, nicht aber § 107 BGB) als geschäftsfähig oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts (z.B. § 80 Abs. 1 AufenthG, § 2 Abs. 4 KDVG, § 5 RelKErzG) als handlungsfähig anerkannt wird (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG). Umstritten

Nachweise zum Streitstand bei Kopp/Ramsauer VwVfG § 12 Rn. 9. ist, ob die Handlungsfähigkeit darüber hinaus auch in allen sonstigen Fällen der GrundrechtsmündigkeitHierzu siehe Wienbracke Einführung in die Grundrechte Rn. 23 m.w.N. von Minderjährigen zu bejahen ist. Für juristische Personen und Vereinigungen (Rn. 160) handeln ihre gesetzlichen Vertreter (z.B. Geschäftsführer einer GmbH, § 35 Abs. 1 GmbHG; Vorstand einer AG, § 78 Abs. 1 AktG), d.h. Organe (organschaftliche Vertretung) oder besonders Beauftragte, siehe § 12 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG. Behörden schließlich werden nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG durch ihre Leiter, deren Vertreter oder Beauftragte vertreten.

c) Beteiligte

162

Wer am konkreten Verwaltungsverfahren beteiligt ist, richtet sich nach § 13 VwVfG (vgl. auch § 78 AO, § 12 SGB X). Dies sind zum einen die kraft Gesetzes Beteiligten, nämlich gem. § 13 Abs. 1 VwVfG

Nr. 1: Antragsteller und Antragsgegner.

Definition

Hier klicken zum Ausklappen
Definition: Antragsteller

Antragsteller ist, wer in eigener Sache mit dem Ziel, den Erlass eines Verwaltungsakts zu erreichen, bei einer Behörde selbst einen entsprechenden Antrag stellt oder durch einen Bevollmächtigten (§ 14 VwVfG) oder Vertreter (§ 16 VwVfG) stellen lässt.

Vgl. auch BVerwG NVwZ 2014, 1679 (1679 f.): „Für die verfahrensrechtliche Beteiligtenstellung ist letztlich auf die Person abzustellen, die der Behörde gegenübertritt und im eigenen Namen für sich (eine Entscheidung über) die beantragte Maßnahme begehrt“.

Da das Verwaltungsverfahren nicht kontradiktorisch angelegt ist, ist Antragsgegner nicht etwa die das Verfahren durchführende Behörde (vgl. Rn. 160 a.E.), sondern vielmehr derjenige Dritte, in dessen Rechte nach dem Antrag des Antragstellers der beantragte Verwaltungsakt eingreifen, dessen Rechtsstellung er verändern oder dem gegenüber ein Rechtsverhältnis bzw. einzelne Rechte oder Pflichten durch Verwaltungsakt festgestellt werden soll(en) (Verwaltungsakt mit Drittwirkung; z.B. Konkurrent, gegen den ein ordnungsbehördliches Einschreiten begehrt wird). Ist ein solcher Dritter im konkreten Fall nicht vorhanden, so gibt es keinen Antragsgegner;

Nr. 2: diejenigen, an die die Behörde – ohne Antrag, d.h. von Amts wegen (Rn. 168) – den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat, wobei die Beteiligtenstellung nach h.M.

Zum Streitstand siehe Kopp/Ramsauer VwVfG § 13 Rn. 21a m.w.N. insoweit erst mit einer an den Adressaten des Verwaltungsakts gerichteten ausdrücklichen Mitteilung beginnt (und nicht schon mit einer bei objektiver Auslegung als konkludente Verfahrenseröffnung zu verstehenden Handlung). Nicht durch den Verwaltungsakt unmittelbar, sondern lediglich im Wege der Drittwirkung Betroffene, sind dagegen nicht nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG, sondern ggf. nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 4 VwVfG (Rn. 163) Verfahrensbeteiligte;

Nr. 3: diejenigen, mit denen die Behörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag (Rn. 94 ff.) schließen will oder geschlossen hat.

163

Neben den vorgenannten „geborenen Beteiligten“ sind nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG auch diejenigen am Verwaltungsverfahren beteiligt, die nach § 13 Abs. 2 VwVfG „von der Behörde zu dem Verfahren [durch konstitutiv wirkenden, verfahrensrechtlichen Verwaltungsakt] hinzugezogen worden sind“, vgl. auch § 65 VwGO. Gem. § 13 Abs. 2 S. 1 VwVfG „kann“ (Ermessen) die Behörde – auch noch im Widerspruchsverfahren (§§ 68 ff. VwGO) – „von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen“ (einfache Hinzuziehung, z.B. Antrag des Grundstückseigentümers auf Aufstellung von Halteverbotsschildern; in diesem Fall kann die Behörde die Nachbarn als Beteiligte hinzuziehen). Hat der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung für einen Dritten, so ist dieser auf Antrag als Beteiligter zu dem Verfahren hinzuzuziehen; soweit er der Behörde bekannt ist, hat diese ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen“ (notwendige Hinzuziehung nach § 13 Abs. 2 S. 2 VwVfG; z.B. Antrag des Grundstückseigentümers auf Erteilung einer Baugenehmigung unter Befreiung von nachbarschützenden Vorschriften, sog. Dispens; in diesem Fall ist der Nachbar, in dessen Rechte der Dispens eingreifen würde, notwendig zum Genehmigungsverfahren beizuziehen). Durch die Hinzuziehung erreicht die Behörde, dass sich die Bindungswirkung einer Entscheidung durch Verwaltungsakt nach ordnungsgemäßer Bekanntgabe an den hinzugezogenen Dritten auch auf diesen erstreckt. Umgekehrt erhält der hinzugezogene Dritte sämtliche Rechte und Pflichten eines Verfahrensbeteiligten. Entsprechendes gilt bzgl. einer Regelung durch öffentlich-rechtlichen Vertrag, wenn und soweit der Dritte sich am Vertrag beteiligt oder diesem zugestimmt hat.

164

Die Vorschrift des § 13 Abs. 3 VwVfG, wonach jemand, der „anzuhören ist, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen“, nicht allein schon dadurch zum Beteiligten wird, zielt v.a. auf Behörden, Vereinigungen, Sachverständige etc. ab, deren Anhörung allein den Zweck hat, der Behörde ein umfassendes Bild der für ihre Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte zu vermitteln.

165

Ein (handlungsfähiger) Beteiligter muss nicht persönlich am Verwaltungsverfahren teilnehmen, sondern er „kann“ (nicht: „muss“; vor Behörden besteht demnach grundsätzlich kein Vertretungszwang) sich auch durch einen rechtsgeschäftlich bestellten Bevollmächtigten (v.a. Rechtsanwalt) vertreten lassen bzw. zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen, siehe § 14 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 VwVfG. Ein Beteiligter ohne Wohnsitz (vgl. § 7 BGB) oder gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. § 9 AO, § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I), Sitz (vgl. § 11 AO) oder Geschäftsleitung (vgl. § 10 AO) im Inland „hat“ nach § 15 S. 1 VwVfG der Behörde auf Verlangen innerhalb einer angemessenen Frist einen Empfangsbevollmächtigten im Inland zu benennen. In den Fällen des § 16 VwVfG wird von Amts wegen ein Vertreter bestellt.

d) Rechtsnachfolge

166

Tritt während eines anhängigen Verwaltungsverfahrens eine Gesamt- (Universalsukzession, z.B. Erbfall, § 1922 Abs. 1 BGB; Firmenübernahmen, § 25 HGB; Verschmelzung, § 2 UmwG) oder Einzelrechtsnachfolge (Singularsukzession, z.B. §§ 398, 873 Abs. 1, 929 BGB)

Zu den sich insoweit aus dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes (Rn. 9 ff.) ergebenden Anforderungen siehe Zacharias JA 2001 S. 720 (725) m.w.N. auf Seiten des Beteiligten ein, so richten sich die diesbezüglichen Rechtsfolgen mangels Regelung im VwVfG nach dem jeweiligen Fachrecht (z.B. § 4 Abs. 3 BBodSchG, § 3 LVwVG BW, § 58 Abs. 3 BauO NRW 2018) bzw. subsidiär nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen. Danach ist Voraussetzung für die Annahme einer Rechtsnachfolge in eine öffentlich-rechtliche Rechts- und Pflichtenposition

das Vorliegen einer hinreichend konkreten

Welche genauen Anforderungen an den Konkretisierungsgrad in Abgrenzung zu einem abstrakten Rechtszustand zu stellen sind, ist str., siehe den Meinungsüberblick bei Zacharias JA 2001, 720 (722). Einer öffentlich-rechtlichen Rechtsnachfolge in eine Einzel-/Gesamtrechtsnachfolge bei abstrakter Zustandsverantwortlichkeit bedarf es nicht, da der Rechtsnachfolger insoweit selbst originär verantwortlich ist, siehe Nolte/Niestedt JuS 2000, 1071 (1073). Dort (S. 1074 f.) und bei Stückmann JA 2015, 569 (571 f.) auch zur Frage der Übergangsfähigkeit bei durch Verwaltungsakt konkretisierter Verhaltens-/Zustandsverantwortlichkeit. und nachfolgefähigen RechtspositionNachweise zum Meinungsstand bzgl. der insoweit gestellten Anforderungen bei Peine JuS 1997, 984 (986); Remmert in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht § 18 Rn. 18. Zur Rechtsnachfolge speziell im Polizei- und Baurecht siehe Rau Jura 2000, 37; Sodan/Ziekow Grundkurs Öffentliches Recht § 77 Rn. 3 f. ; diese ist zu bejahen bei vertretbaren Handlungen bzw. sachbezogenen (dinglichen) Rechtspositionen, die wie z.B. eine Abrissverfügung von ihrem Rechtsträger ablösbar sind (siehe das Beispiel in Rn. 355) und zu verneinen bei höchstpersönlichen Rechten, d.h. bei Rechtsbeziehungen, die sich nicht von der Person des Trägers lösen lassen und sich in diesem persönlichen Bezug erschöpfenBVerwG NVwZ 2006, 928 (931). Nicht zu diesen gehören etwa beamtenrechtliche Beihilfeansprüche, die mithin vererblich sind, siehe BVerwGE 137, 30 (35) unter Aufgabe von BVerwGE 16, 63 (69 f.). (z.B. Fahrerlaubnis nach § 2 StVG, Waffenschein nach § 10 Abs. 4 WaffG und Zwangsmittelandrohung, siehe das Beispiel in Rn. 355), sowie

eines Nachfolgetatbestands, wobei die h.M.

Vgl. Nolte/Niestedt JuS 2000, 1071 (1075, 1173 ff.); Zacharias JA 2001, 720 (725), jew. m.w.N. insoweit auf die o.g. zivilrechtlichen Vorschriften abstellt. Allerdings ist – ohne gesetzlichen Rechtsnachfolgetatbestand (und Übergangsfähigkeit der jeweiligen Pflicht) – die Singularsukzession in eine durch Verwaltungsakt konkretisierte Ordnungspflicht unwirksam. „Die befreiende Übertragung öffentlich-rechtlicher Ordnungspflichten durch Rechtsgeschäft ohne Beteiligung der zuständigen Behörde ist […] ausgeschlossen.“BVerwG NVwZ 2012, 888. Und namentlich auch die allein mit dem Ziel der Befreiung von der (Mit-)Verantwortung für einen rechtswidrigen Zustand erfolgte Übertragung des Miteigentumsanteils (z.B. an einem Grundstück) kann gem. § 138 Abs. 1 BGB unwirksam sein.OVG Berlin-Brandenburg BeckRS 2016, 110326.

Definition

Hier klicken zum Ausklappen
Definition: Rechtsnachfolge

Rechtsnachfolge meint den abgeleiteten (derivativen) Rechts- und Pflichtenübergang von einer natürlichen oder juristischen Person auf eine von ihr verschiedene andere Rechtsperson.

Vgl. Stückmann JA 2015, 569 m.w.N. M.a.W.: Substitution des Rechtssubjekts bei Kontinuität des Rechtsobjekts.Zacharias JA 2001, 720 (721) m.w.N.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so hat dies – vorbehaltlich abweichender gesetzlicher Regelungen – im Fall der Gesamtrechtsnachfolge analog § 239 Abs. 2 ZPO zur Konsequenz, dass der Rechtsnachfolger automatisch in das Verwaltungsverfahren in demjenigen Stadium eintritt, in dem es sich bei Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge befindet. Im Fall der Einzelrechtsnachfolge sind die Rechtsfolgen dagegen umstritten (automatische Rechtsnachfolge oder Ermessensentscheidung der Behörde, das Verfahren mit dem Rechtsnachfolger fortzuführen/einzustellen).

Nachweise bei Kopp/Ramsauer VwVfG § 13 Rn. 67. Findet eine Rechtsnachfolge im vorgenannten Sinn dagegen nicht statt, so ist das bisherige Verwaltungsverfahren erledigt und muss ggf. in Bezug auf einen neuen Beteiligten von vorne beginnen.

Beispiel

Hier klicken zum Ausklappen

E betreibt eine Nährmittelfabrik, in der er sich hauptsächlich mit der Abfüllung importierten Honigs befasst. Auf einer Parzelle des Betriebsgrundstücks errichtete E ein Betriebsgebäude, das von der zuständigen nordrhein-westfälischen Behörde B widerruflich genehmigt wurde. Später erklärte B gegenüber E den Widerruf der Baugenehmigung und erließ eine Beseitigungsanordnung. Der hiergegen erhobene Widerspruch des E blieb ebenso erfolglos wie die nachfolgende Anfechtungsklage vor dem VG. Auch im Berufungsverfahren vor dem OVG hatte E nur teilweisen Erfolg. Während des Revisionsverfahrens vor dem BVerwG verstarb E und wurde von seiner Ehefrau F beerbt. Daraufhin vertritt B nunmehr die Rechtsansicht, mit dem Tod des E habe sich die Hauptsache erledigt und die Klage sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses der F unzulässig. Zu Recht?

Nein. Das Rechtsschutzbedürfnis ist nicht deswegen weggefallen, weil die gegen E erlassene, mit dem Widerruf der Baugenehmigung verbundene Beseitigungsanordnung nicht gegen F als die (Gesamt-)Rechtsnachfolgerin des E wirken würde. Vielmehr entfaltet die Beseitigungsanordnung auch F gegenüber Wirkung mit der Folge, dass diese Anordnung die Grundlage für eine Verwaltungsvollstreckung gegen F darstellen kann. Die gegen den Eigentümer erlassene Anordnung der Beseitigung eines Bauwerks wirkt – jedenfalls grundsätzlich und insbesondere im Fall der Gesamtrechtsnachfolge – gegen den Rechtsnachfolger. Die Gegenmeinung, die entscheidend auf den höchstpersönlichen Charakter der aus dem öffentlichen Recht fließenden Rechte und Pflichten abstellt und daraus herleitet, dass die Haftung dessen, der für den baurechtmäßigen Zustand seines Grundstücks einzustehen hat, als höchstpersönlich angesehen werden müsse, vermag nicht zu überzeugen. Zwar ist es richtig, dass nicht die Sache (das Grundstück) selbst, sondern der Eigentümer oder Gewaltinhaber polizeipflichtig ist. Doch der Schluss aus dieser Feststellung auf den höchstpersönlichen Charakter der Zustandshaftung des Grundstückseigentümers stellt nicht genügend in Rechnung, dass die eine Polizeipflicht konkretisierende baupolizeiliche Verfügung grundstücksbezogen ist und gerade aus dieser Tatsache ihrer „Dinglichkeit“ ihr besonderes Gepräge erhält. Diese Sichtweise wird bestätigt durch die Vorschrift des § 75 Abs. 3 BauO NRW a.F. (nunmehr vgl. § 58 Abs. 3 BauO NRW 2018), die ausspricht, dass die Baugenehmigung auch gegen den Rechtsnachfolger wirkt. Dies hängt damit zusammen, dass Baugenehmigungsverfahren und Baugenehmigung regelmäßig auf das Vorhaben und nicht auf die Person des Eigentümers abstellen. Gleiches gilt für die eine Zustandshaftung konkretisierende Beseitigungsanordnung. Dabei wird nicht übersehen, dass Widerruf und Beseitigungsanordnung regelmäßig im Ermessen der Behörde stehen. Es mag daher – jedenfalls im Fall der Einzelrechtsnachfolge – durchaus denkbar sein, dass die Behörde dem Rechtsnachfolger gegenüber aus in dessen Person liegenden Gründen von einer Beseitigungsanordnung absehen würde. Härten, die sich dabei etwa ergeben sollten, lassen sich jedoch noch im Vollstreckungsverfahren ausgleichen. Für diese Auffassung sprechen nicht zuletzt praktische Erwägungen. Überlegungen der Praktikabilität sind durchaus zulässige Auslegungsgesichtspunkte. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass es nicht nur für die Praxis der Verwaltungsbehörden, sondern auch für die Verwirklichung des Rechtsstaats unbefriedigend sein müsste, wenn rechtmäßige und sogar durch evtl. mehrere Gerichtsinstanzen als rechtmäßig bestätigte Beseitigungsanordnungen nur deswegen nicht sollten durchgesetzt werden dürfen, weil ein – möglicherweise nur vorgeschobener – Eigentumswechsel herbeigeführt worden ist. Das kann – in durchaus nicht nur seltenen Fällen – zur Folge haben, dass die Verwirklichung des Rechts praktisch auf Dauer verhindert wird. Dieses unbefriedigende Ergebnis verkennen letztlich auch die Vertreter der Gegenmeinung nicht. Ihr Ruf nach dem Gesetzgeber, den sie zur Beseitigung dieser Missstände erheben, übersieht jedoch, dass nach dem Vorstehenden bereits das geltende Recht die Möglichkeit gibt, zu angemessenen Ergebnissen zu gelangen. Aus alledem folgt, dass das Rechtsschutzbedürfnis der F wegen des Eintritts der Rechtsnachfolge nicht entfallen ist.

Mit diesen Online-Kursen bereiten wir Dich erfolgreich auf Deine Prüfungen vor

Einzelkurse

€19,90

    Einzelthemen für Semesterklausuren & die Zwischenprüfung

  • Lernvideos & Webinar-Mitschnitte
  • Lerntexte & Foliensätze
  • Übungstrainer des jeweiligen Kurses inklusive
  • Trainiert Definitionen, Schemata & das Wissen einzelner Rechtsgebiete
  • Inhalte auch als PDF
  • Erfahrene Dozenten
  • 19,90 € (einmalig)
Jetzt entdecken!

Kurspakete

ab €17,90mtl.

    Gesamter Examensstoff in SR, ZR, Ör für das 1. & 2. Staatsexamen

  • Lernvideos & Webinar-Mitschnitte
  • Lerntexte & Foliensätze
  • Übungstrainer aller Einzelkurse mit über 3.000 Interaktive Übungen & Schemata & Übungsfällen
  • Integrierter Lernplan
  • Inhalte auch als PDF
  • Erfahrene Dozenten
  • ab 17,90 € (monatlich kündbar)
Jetzt entdecken!

Klausurenkurse

ab €29,90mtl.

    Klausurtraining für das 1. Staatsexamen in SR, ZR & ÖR mit Korrektur

  • Video-Besprechungen & Wiederholungsfragen
  • Musterlösungen
  • Perfekter Mix aus leichteren & schweren Klausuren
  • Klausurlösung & -Korrektur online einreichen und abrufen
  • Inhalte auch als PDF
  • Erfahrene Korrektoren
  • ab 29,90 € (monatlich kündbar)
Jetzt entdecken!

Übungstrainer

€9,90mtl.

    Übungsaufgaben & Schemata für die Wiederholung

  • In den Einzelkursen & Kurspaketen inklusive
  • Perfekt für unterwegs
  • Trainiert Definitionen, Schemata & das Wissen aller Rechtsgebiete
  • Über 3.000 Interaktive Übungen zur Wiederholung des materiellen Rechts im Schnelldurchlauf
  • 9,90 € (monatlich kündbar)
Jetzt entdecken!